+++abc+++the blues is goin' strong...+++gib+++
GIB >>CLASH<<

 


  •  from.j21.to.j2m...
    vorwort des verlages

    Die bewegung 2.juni

    gespraeche ueber
    haschrebellen
    lorenz-entfuehrung
    knast

    »teil 1« - »teil 2«
    Die Lorenz-Entführung Teil 1

    Am Donnerstag, den 27. Februar 1975 wird morgens gegen 9.00 Uhr der Dienstwagen des damaligen CDU-Landesvorstitzenden Peter Lorenz im Berliner Quermatenweg gestoppt. Die folgenden 51/2 Tage verbringt Peter Lorenz im Volksgefängnis der Bewegung 2. Juni. Im Austausch gegen Lorenz werden zwei inhaftierte Demonstranten freigelassen und fünf Gefangene verschiedener westdeutscher Guerilla-Gruppen in die Volksrepublik Jemen ausgeflogen. Zwanzig Jahre danach veröffentlichte die Berliner Tageszeitung junge Welt eine Serie, in der zwei der Beteiligten den Ablauf der Aktion schildern. Die Lorenz-Entführung war sowas wie ein Meilenstein in der Geschichte der linksradikalen Militanten in der BRD. Die erste und einzige Entführung eines Politikers, die die Freiheit von gefangenen GenossInnen ermöglichte.

    Frage: Eine Woche nach der Entführung stand im Spiegel Der Donnerstag letzter Woche sollte für Lorenz ein kurzer Tag werden; erstmals seit Wochen wollte er am Abend früh zuhause sein. Um 8.52 Uhr ließ sich der Spitzenkandidat (der CDU) von seiner Frau Marianne (Die Schwäne sind da, jetzt wird's Frühling) in Zehlendorf verabschieden, sagte noch bis heute abend- und rollt in seinem schwarzen Dienstmercedes, gesteuert vom Fahrer Werner Sowa, zwischen Grunewald und Einfamilienhäusern davon in einen langen Tag. Gesehen wurde Lorenz erst wieder gut 24 Stunden später auf einem frischen Polaroidfoto, acht mal acht Zentimeter, ohne Brille, vor sich ein Pappschild mit der Aufschrift

    Gefangener-. Die, die ihn knipsten und das Bild dpa schickten, hatten ihn am Donnerstag (den 27.2.1975) um 8.55 Uhr gekidnappt, rund 1 500 m entfernt von seiner Villa, nachdem sein Mercedes von einem Viertonner blockiert und von einem Fiat gerammt und Fahrer Sowa mit einem Besenstiel niedergeschlagen worden war. War es so?

    Reinders/Fritzsch

    Fast. Bis auf den Besenstiel. Der Besen war nur Tarnung. Eigentlich war es ein Eisenrohr, das mit Isolierband umwickelt war. Und was der Spiegel nicht wissen konnte, war, was für Probleme wir hatten Auf der einen Seite des Quermatenwegs ist Wald, auf der anderen Seite stehen lauter Villen. Und der, der den Fahrer niedergeschlagen hat, hat auf der anderen Seite am Wald gestanden und dort den Wald gefegt. Und weil Peter Lorenz an dem Tag eine Stunde Verspätung hatte, hat der eine Stunde lang den Wald gefegt und das ist niemandem aufgefallen.

    Wie lang hattet ihr Lorenz gefangen gehalten?

    Fünf Tage.

    Was waren eure Forderungen?

    Eine Forderung war, die Demonstranten, die wegen der Holger Meins-Demo1 noch saßen, freizulassen. Dann sollten sechs Gefangene ausgeflogen werden

    Gabi Kröcher-Tiedemann, Rolf Heißler, Rolf Pohle, Ina Siepmann, Verena Becker und Horst Mahler*.

    Die Aktion müßt Ihr doch ziemlich gut geplant haben, wann habt Ihr denn mit den Vorbereitungen angefangen?

    Eigentl außerdem sind den 6 genossen jeweils 20.000.- dm auszuhändigen. diese forderungen sind binnen 72 stunden zu erfüllen.

    3. veröffentlichung dieser mitteilung in form von anzeigen in folgenden Tageszeitungen: ....

    4. während der ganzen zeit seiner gefangenschaft fordern wir absolute waffenruhe von seiten der polizei. keine präsenz auf den straßen, keine kontrollen, keine hausdurchsuchungen, keine festnahmen, keine fahndungsphotos, keine fahndungsersuchen an die bevölkerung.

    bei nichterfüllung oder auch nur dem versuch der täuschung ist die unversehrtheit des gefangenen bedroht.

    alle forderungen sind gleich wichtig.

    wir wollen keine geheimverhandlungen. nachrichten des staatsappates an uns und ablauf der freilassung der genannten genossen samt ihrem abflug müssen über funk und fernsehen abgewickelt werden. bei präziser erfüllung aller forderungen ist die unversehrtheit und freilassung des gefangenen lorenz garantiert. andernfalls ist eine konsequenz wie im falle des obersten richters g.v. drenkmann unvermeidbar.

    an die genossen im knast:

    wir würden gern mehr genossen von euch herausholen, sind aber bei unserer jetzigen stärke nicht dazu in der lage.

    an die bevölkerung berlins:

    die organe des staates werden in den nächsten tagen eine hetzkampagne gegen uns führen, sie werden versuchen, euch in eine fahndung nach uns einzubeziehen. leistet keine unterstützung, laßt die polizei, die bonzen und die presse unter sich.

    FREIHEIT FÜR ALLE GEFANGENEN

    bewegung 2. juni.

    Wie habt ihr diese und eure anderen Mitteilungen überbracht?

    Zum Teil haben wir über tote Briefkästen gearbeitet. Wir hatten in alten Häusern, wo es nicht auffiel, zusätzliche Briefkästen aufgehängt, die nur von uns benutzt wurden. Einer von uns ist aus der Schenckendorfstraße raus zu so einem Briefkasten, und von dort wurden unsere Mitteilungen von anderen weitergeleitet. Die erste Meldung ist an dpa gegangen, aber nicht alleine. Alle Mitteilungen wurden immer an mindestens drei Stellen geschickt oder überbracht. Anfangs immer an die Medien, nachher dann an andere Peter Lorenze, die wir aus dem Telefonbuch rausgesucht hatten. Auch an Pfaffen. Wir sind davon ausgegangen, daß du jedem sowas unter die Fußmatte legen kannst und wenn du fünf Texte in der Form verteilst, kannst du davon ausgehen, daß vier das dann auch weiterleiten. In der ersten Erklärung waren zwei Fotos beigelegt. Von Lorenz mit Brille. Da hat er drauf bestanden. Und da hat er sich auch ordentlich hingesetzt.

    Wurde gefahndet?

    Ja, aber zivil. Erstmal haben sie versucht Zeit zu gewinnen, das war ja auch klar. Sie mußten ja erstmal feststellen, ob er noch lebt. Es hätte auch sein können, daß da auf dem Foto eine Leiche hingesetzt wurde.

    Was ist weiter an dem Entführungsdonnerstag passiert?

    Nix weiter. Abends war Lorenz wieder ziemlich klar. Da gab es dann einen Vernehmungsversuch. Wir hatten uns einen Fragenkatalog über seine Tätigkeiten in der CDU und seine Verstrickungen zur Berliner Baumafia gemacht. Wir hatten ein Tonbandgerät aufgebaut, und dann sollte er vernommen werden. Aber wir sind keine Vernehmer, das haben wir nach einer Stunde aufgesteckt. Wir wollten ja keine brutalen Methoden anwenden, um aus dem was rauszukriegen. Und er hat sich geweigert, was zu sagen. In den darauffolgenden Tagen ist er dann redseliger geworden, zumal wir kein Tonband mehr laufen ließen. Da hat er was von dem Leidensweg der Christdemokraten in Chile erzählt. Zu Palästina meinte er, daß das israelische Volk in Frieden leben müsse. Der Meinung waren wir auch, aber dies dürfe nicht auf Kosten der Palästinenser geschehen.

    Was der von sich gegeben hat, war überwiegend ziemlich platt. Wir hatten den unten im Keller, alle haben sich den angeguckt und dann ging es übereinstimmend rum

    Wer soll den denn umlegen, wenn der ganze Plan nicht klappt? Alle haben das gesagt. War gar kein Schwein mehr. Eher naiv.

    Und am nächsten Tag?

    Na, wir hatten doch noch die Aktentasche von Lorenz. Und wie hieß derTyp, Klingbeil, von dem war ein Scheck drin über 10 000 DM. Eine Wahlspende für die CDU. Klingbeil galt bis dahin als absoluter SPD-Unterstützer, weil der von der SPD auch die ganzen Bauaufträge zugeschustert bekommen hatte. Dann haben wir noch Unterlagen über eine geplante Fahrpreiserhöhung bei der BVG gefunden, die zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt war. Und es gab Unterlagen über geplante Entlassungen bei DeTeWe. Und schließlich noch Briefe von einer Mutter mit einem behinderten Kind, die sich an Lorenz gewandt hatte. Dazu hat er aber nix gesagt.

    Einen toten Briefkasten mußten wir noch schließen, weil am Freitag Rainer Hochstein, der Kontakt zu verschiedenen Leuten von uns gehabt hatte, in Hamburg festgenommen worden ist. Der kannte nur den einen toten Briefkasten. Wir hatten es abgelehnt, mit dem was zusammen zu machen. Deswegen hat er sich später der Bundesanwaltschaft als Kronzeuge angedient. Da war der Trottel wenigstens dort, wo er hingehörte.

    Was sahen eure Planungen vor, wenn die Bullen den Laden entdeckt hätten?

    Hatten wir eigentlich gar keine. Wir hatten höchstens mal überlegt, daß wir dann die Forderungen vergessen können und gerade noch versuchen könnten, selber rauszukommen. Aber das wäre sehr heikel geworden.

    War der Laden noch irgendwie abgesichert?

    Wir haben uns total sicher gefühlt. Der Laden war mit einer Videokamera abgesichert, die den Eingangsbereich des Ladens im Bild hatte. Die, die unten Wache gehalten haben, hatten einen Bildschirm.

    Unsere zweite Mitteilung haben wir am Freitag geschrieben. Sie ging an Marianne Lorenz, an die Landeszentrale der CDU, DPA, Bischof Scharff, den Senat von Berlin und verwies auf die erste Mitteilung, die mit der Post rausgegangen war und hatte eigentlich nur den Sinn, daß die Angeschriebenen auch nochmal aktiv werden. An Lorenz' Frau ging zusätzlich noch ein persönlicher Brief

    Die Polizei soll alles tun, damit ich hier wieder unversehrt rauskomme. In Liebe. Dein Peter. Wir fordern die obengenannten Personen und Organsationen auf, sich dafür einzusetzen, daß unsere erste Mitteilung, die an dpa, upi und senat gegangen ist, spätestens zur Abendschau und noch einmal in allen Tagesschauen verlesen wird. Gleichzeitig müssen die Fotos von der Gefangenschaft Peter Lorenz gezeigt werden. Gleichzeitig sollten Sie sich dafür einsetzen, daß die in der ersten Mitteilung aufgezählten Bedingungen umgehend erfüllt werden, wenn Sie an der unversehrten Freilassung des Gefangenen Peter Lorenz interessiert sind. Werden die Bedingungen nicht erfüllt, läuft das Ultimatum Samstag um 12.00 Uhr ab ...
    bewegung 2. juni

    Von Lorenz wollten wir, daß er uns eine Person seines Vertrauens nennt, und das war witzigerweise der Pepper. Den haben wir angerufen. Wir haben nur gefragt, ob er was machen kann für den Lorenz. Und der hat einfach wieder aufgelegt. Der wollte damit nichts zu tun haben. Das werde ich mir merken!, hat der Lorenz dann gesagt.

    Wie haben Polizei und Krisenstab mit euch kommuniziert?

    Über die Medien. Manchmal haben sie auch angekündigt, heute abend kommt was in der Abendschau. Am Samstag dem 1.3. um 0.05 Uhr wurde über die Sender SFB und RIAS folgende Erklärung der Polizei augestrahlt

    Die Polizei wendet sich hiermit an die Entführer von Peter Lorenz.

    Erstens

    Die Personen, die im Zusammenhang mit der Demonstration nach dem Tode von Holger Meins festgenommen worden sind, befinden sich bis auf Ettore Canella und Günter Jagdmann bereits seit längerem in Freiheit. Die beiden Genannten werden am 1. März 1975 vor zehn Uhr aus der Haft entlassen. Zweitens: Es ist nötig, daß Sie uns einen überzeugenden Beweis von der Tatsache liefern, daß Peter Lorenz weiterhin am Leben ist.
    Drittens: Wir sind bemüht, mit unseren Maßnahmen Leben und Gesundheit von Peter Lorenz nicht zu gefährden. Zur Vermeidung von Mißverständnissen ist es erforderlich, Fragen zu klären. Zum Beispiel: Wie stellen Sie sich die Modalitäten der unversehrten Übergabe von Peter Lorenz vor? Was soll geschehen, wenn eine der von Ihnen namentlich genannten Personen sich weigert, an dem von Ihnen genannten Verfahren teilzunehmen?
    Viertens: Geben Sie uns als Nachweis dafür, daß wir mit den Richtigen verhandeln, die Nummer des Personalausweises von Peter Lorenz.

    Woher wußtet ihr, daß das um 0.05 Uhr über den Sender geht?

    Meinst du, wir hätten in der Zeit das Radio auch nur fünf Minuten ausgeschaltet? Meistens wurde das ja lange vorher angekündigt und dann auch noch wiederholt. Sie haben die Mitteilungen auch zur Fahndung benutzt, in dem sie diese immer später in der Nacht ausstrahlten. Und in der vierten Nacht waren sie soweit, daß sie die ganzen Postpeilwagen unterwegs hatten, weil sie gehofft haben, daß um 4.00 Uhr in Berlin nicht mehr so viele Fernseher an sind. Aber, die ganze Stadt hat am Fernseher gehangen. Und die einzigen, die in dieser Nacht nicht Fernsehen geguckt haben, waren wir. Da waren wir alle so übermüdet, daß selbst die Bewachung gepennt hat.

    Am Samstag um 10 Uhr haben sie die beiden letzten Inhaftierten von der Holger Meins-Demo aus dem Knast entlassen. Da haben sie etwas Zeit geschunden, aber das war uns dann auch egal. Als der Jagdmann rauskam, das war offensichtlich so ein Alki, sind gleich die ganzen Reporter auf ihn zu, und er sagt

    Ich habe damit gar nichts zu tun, ich weiß von gar nichts. Dann kam der Canella raus, da wollten sie sich auf den stürzen und flutsch, weg war er. Der hat gleich die Beine in die Hand genommen und ist losgesprintet. Der Jagdmann war nur so reingeraten in die Demo. Hat er auch gesagt. An dem Tag hat er zu Hause Probleme gehabt, hat was gesoffen, ist in die Demo reingeraten und hat einen Stein auf einen Bullen geworfen und das wars dann. Die Verfahren sind eingestellt worden. Die haben auch später nix mehr davon gehört.
    Nachdem die Medien unsere Erklärung vollständig veröffentlicht hatten, und die beiden nun freigelassen worden waren, war uns klar, daß wir noch immer die Initiative in der Hand hatten. Am Samstag morgen, dem 1.3. kam dann die Mitteilung Nr. 3 von uns. Die hatten wir bei verschiedenen Adressen vorbeigebracht, unter anderem beim Evangelischen Pfarramt in Zehlendorf. In der Erklärung stand: Wenn ein von uns benannter Genosse die Befreiung nicht in Anspruch nehmen will, soll er dies am 1.3.1975 im Beisein seines Anwalts in der Berliner Abendschau öffentlich kundtun. Unser Ultimatum wird nicht verlängert. Es läuft Montag 3.3., 9.00 Uhr ab, bis dahin müssen die entlassenen Genossen und Herr Pfarrer Albertz abgeflogen sein. Nach seiner Rückkehr werden wir sofort die Modalitäten der Freilassung von Peter Lorenz bekanntgeben. Seine Unversehrtheit hängt allein vom Verhalten des Staatsapparates ab. Wir haben Fürstenfeldbruck und Rammelmeier9 nicht vergessen. Wenn der Polizeiapparat ähnliches vorbereitet, ist das der sichere Tod von Peter Lorenz. Dies ist bis zur Erfüllung unserer Forderungen die letzte Meldung.

    War das dann eure letzte?

    Nö. Dann kam abends so um 20.00 Uhr die Erklärung von Pfarrer Albertz in Funk und Fernsehen

    Ich spreche zu Ihnen als ein Mann der Kirche, der bereit und verpflichtet ist, menschliches Leben zu schützen. Deshalb habe ich mich auch in dieser schwierigen Situation sofort bereit erklärt mitzuwirken. Das kann ich aber nur tun, wenn Gefahr und Risiken nicht nur auf einer Seite lasten. Der mir bekannt gewordene Vorschlag, über den ich vom Regierenden Bürgermeister10 unterrichtet worden bin, enthält hinsichtlich der Modalitäten der unversehrten Freilasung von Peter Lorenz unbefriedigende Aussagen. Um meinen Auftrag erfüllen zu können, muß ich eine andere als die bisherige Antwort erhalten. Ich habe mich zur Verfügung gestellt, um bei meiner ersten Begegnung mit Ihnen oder Ihren Freunden der unversehrten Freilassung von Peter Lorenz sicher zu sein. Sie umgekehrt können sich darauf verlassen, daß ich mich an keiner Unternehmung, die wie in Fürstenfeldbruck endet, beteiligen werde.

    Gleich im Anschluß kam dann die Erklärung der Polizei

    Sie haben die Erklärung von Pfarrer Albertz gehört, teilen Sie uns sofort die Modalitäten für die Freilassung von Peter Lorenz mit. Benutzen Sie als Erkennungszeichen den Namen des Ortes, an dem die im Flur des Hauses Lorenz hängende längliche Holzschnitzerei gekauft worden ist. Klar, das waren ja Sachen, die nur Lorenz wissen konnte. So um kurz vor 24.00 Uhr erklärte Mahler* in der ARD-Tagesschau, daß er den Austausch ablehnt: Die Entführung des Volksfeindes Peter Lorenz als Mittel zur Befreiung von politischen Gefangenen ist Ausdruck einer von den Kämpfen der Arbeiterklasse losgelösten Politik, die notwendig in einer Sackgasse enden muß. Die Strategie des individuellen Terrors ist nicht die Strategie der Arbeiterklasse.
    Das kam so im Fernsehen. In der Erklärung stand außerdem noch: ... Anläßlich des Schauprozesses gegen Becker, Meinhof und mich im September des vergangenen Jahres, habe ich in einer öffentlichen Kritik, die zugleich eine Selbstkritik war, klargestellt, daß mein Platz an der Seite der revolutionären Arbeiterklasse ist. Ich bin der festen Überzeugng, daß sich durch den Kampf der revolutionären Massen die Gefängnistore für alle politischen Gefangenen öffnen, und daß die gegen mich gefällten Terrorurteile hinweggefegt werden weshalb ich es ablehne, mich auf diese Weise außer Landes bringen zu lassen ... Vorwärts mit der KPD.
    1980 wurde Mahler* auf Bewährung entlassen. Da sich die Gefängnistore für Mahler* nicht durch den Kampf der revolutionären Massen öffneten, sondern durch den gebückten Gang durch den Baumschen Tunnel11, rächte sich Mahler* an der Arbeiterklasse, indem er nach seiner Freilassung Manager in der Unterdrückung derselben ausbildete.
    Danach kam die Erklärung von Gabriele Kröcher-Tiedemann, daß sie sich dagegen entschieden hatte, befreit zu werden. Am nächsten Tag jedoch um 22 Uhr, hat Rolf Pohle verlangt, mit ihr telefonieren zu können, was die Bullen auch gemacht haben, woraufhin sie sich entschieden hat, doch mitzukommen. Später haben wir den Akten genaueres zu ihrem Sinneswandel entnehmen können. Gabrieles erste ablehnende Erklärung war auf Grund einer Zusage auf Halb- oder Zweidrittelstrafe zustandegekommen. Sie hatte aber darauf bestanden, das schriftlich zu kriegen, was sie aber nicht bekam.

    Kam die Idee mit dem Telefonat von euch?

    Nein, das war Rolfs Idee.

    Wie habt ihr darauf reagiert, daß die nicht mitwollten?

    Das war für uns schon ein ziemlicher Schock. Gleich zwei auf einmal. Du hättest mal unsere Sprüche damals hören sollen

    Haben sie denen allen ins Gehirn geschissen, jetzt fangen die auch noch alle an zu spinnen, und so. Ansonsten, wenn sie halt bleiben wollen, bitte, dann sollen sie es halt aussitzen. Bei Kröcher-Tiedemann haben wir gedacht, daß sie einfach verunsichert ist.

    Hat Lorenz das mitgekriegt?

    Nein, der hat höchstens unser Rumgestampfe gehört.

    Hattet ihr überlegt, stattdessen die Freilassung anderer Gefangener zu fordern?

    Überlegt schon. Das Problem war aber, wenn wir zwei andere Namen genannt hätten, dann wäre von der Gegenseite gekommen, daß das in der Zeit nicht mehr klappen würde, und wir wollten unbedingt den Zeitplan einhalten. Dann kam am Samstag um 24.00 Uhr

    Die Polizei wendet sich hiermit erneut an die Entführer von Peter Lorenz. Sie hat die Mitteilung Nr. 3 erhalten. Andere numerierte Mitteilungen liegen ihr nicht vor.

    1. Die Polizei geht davon aus, daß Peter Lorenz am Leben ist. 2. Es ist wahrscheinlich, daß zu einem Einflug nach Berlin nur zwei Gefangene bereit sind. Wie Sie gehört haben, gibt es lediglich die Möglichkeit, ihr Ziel über einen Flughafen des Bundesgebietes zu erreichen. Es bietet sich daher an, alle namentlich genannten Gefangenen dort zusammenzuführen. Dazu erwarten wir Ihre Äußerung.
    3. Sie haben die Erklärung von Pfarrer Albertz gehört und müssen daraus erkennen, daß es unabdingbar ist, die Modalitäten der unversehrten Freilassung von Peter Lorenz klar festzulegen.
    4. Sie können fest davon ausgehen, daß die bisherigen und künftigen Verhandlungen ausschließlich dem Ziel der Sicherung des Lebens und der Gesundheit von Peter Lorenz dienen.
    5. Ihr Weg der Verhandlungsführung gibt kaum eine Chance, ihren Forderungen zu entsprechen. Wählen Sie einen schnelleren Weg.
    6. Um erkennen zu können, daß die Polizei weiterhin mit den Richtigen verhandelt, nennen Sie als Erkennungswort den Ort, an dem die Armbanduhr von Frau Lorenz gekauft worden ist.
    Das war Samstagnacht.

    Was für Diskussionen liefen da unter euch?

    In der Zeit gab es nicht so viele Diskussionen. Du darfst nicht vergessen, daß wir die ganzen Tage kaum gepennt haben. Die Stimmung war aber sehr gut, weil nach der ersten Erklärung der Bullen eigentlich klar war, daß es läuft. Sie sind der Forderung nach Veröffentlichung und der zweiten Forderung nach Freilassung der Demonstranten nachgekommen. Also bis dahin lief ja alles. Klar war aber auch, daß sie natürlich versuchen würden, Zeit zu gewinnen. Die Bullen sind davon ausgegangen, daß wir einen Anwalt nennen, über den dann verhandelt würde. Deswegen hatten sie von einem schnelleren Verhandlungsweg geredet. Dadurch hatten sie sich erhofft, an uns ranzukommen.

    Was hielt Lorenz von dem Verlauf?

    Er kannte unsere Forderungen, aber er wußte nichts über den Stand der Verhandlungen. Im übrigen wollte er immer nur wissen, wie Biedenkopf sich zu der ganzen Angelegenheit geäußert hat. Das war damals der starke Mann in der CDU. Er war zu der Zeit Generalsekratär und Gegenspieler von Kohl. Als wir ihm sagten, daß Biedenkopf sich für einen Austausch ausgesprochen hat, reagierte Lorenz optimistisch und erleichtert. Von da ab ging er davon aus, daß der Austausch tatsächlich stattfinden würde.

    Als nächstes gab es dann unsere Erklärung, daß wir die Entscheidung von Kröcher-Tiedemann und Mahler* akzeptieren. Diese Nachricht haben wir zusammen mit einer Kassette in einen Briefkasten am Kudamm geworfen und gegen 3.00 morgens die Bullen angerufen und sie informiert, daß dort folgende Mitteilung von uns zu finden wär

    Fußnoten

    1 Holger Meins-Demo

    siehe Chronologie unter 9. November 1974

    2 Die Bewegung 2. Juni hat normalerweise mit einem Schloßausdreher gearbeitet, sozusagen als Markenzeichen, so daß den Bullen gleich klar war, daß es sich um eine politische Aktion handelt.

    3 Wilfried Bony Böse, 1949-1976, im Juni 1975 in Paris mit falschen Papieren festgenommen, Mitglied der Revolutionären Zellen (RZ), beteiligt an der Entführung einer Passagiermaschine nach Entebbe 1976, wo er bei der Erstürmung durch ein israelisches Kommando erschossen wurde; siehe Chronologie unter 27. Juni 1976. (Näheres in der Broschüre Texte zu Gerd Albartus, erhältlich in jedem guten Infoladen, sowie Die Früchte des Zorns, RZ-Schriften in zwei Bänden, Edition ID-Archiv, 1993.)

    4 Sigurd Debus wurde 1974 festgenommen und zu 12 Jahren Haft wegen versuchtem Banküberfall und Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilt. Er starb 1981 im Hungerstreik der Gefangenen aus RAF und Widerstand. Durch die Behandlung während der Zwangsernährung hatte er eine tödliche Hirnblutung erlitten.

    5 Wir die Tupamaros, einst im Verlag Roter Stern erschienen, siehe Chronologie.

    6 Werner Sauber, Säuberli, war Mitglied in der Bewegung 2. Juni. Er ging Anfang 1974 nach Köln, um den Widerstand in den Betrieben zu organisieren und arbeitete unter falschem Namen bei Klöckner-Humboldt-Deutz an der Stanze. Er wird am 9.05.75 auf einem Parkplatz in Köln von der Polizei erschossen siehe Chronologie 9. Mai 1975.

    7 Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.

    8 Hamburger Klamauk Theater mit Heidi Kabel.

    9 Fürstenfeldbruck; siehe Chronologie 5. September 1972. Rammelmeier war ein Gangster, der mit einem Partner in München 1971 eine Bank überfiel und Geiseln nahm. Beim Fluchtversuch wurde er und eine Geisel von der Polizei erschossen.

    10 Klaus Schütz, SPD, Regierender Bürgermeister von West-Berlin von 1967 bis 1979.

    11 Benannt nach dem damaligen Innenminister Gerhardt Baum, FDP, der das Abschwören vom bewaffneten Kampf zur Voraussetzung für die Freilassung einführte.


    aus: die bewegung 2.juni
    gespraeche ueber haschrebellen, lorentz-entfuehrung und knast
    edition id-archiv
    Als PDF

    Inhalt

    von den haschrebellen zur bewegung 2.juni
    die lorenzentfuehrung teil 1
    die lorenzentfuehrung teil 2
    ralf reinders, ronald fritzsch

    die unbeugsamen von der spree
    fritz teufel, gerald kloepper, ralf reinders, ronald fritzsch

    die jahre im knast
    ralf reinders

    chronologische eckdaten
    von vietnam bis berlin-moabit


    inhalt ...
    top ...