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44 Leningrad
...spielten am 01.10.04 im
Schicksaal!
Post-Sowjet-Punk made in Potsdam
Was einst Junge Pioniere beim Gruppennachmittag wenig begeistert
trällern mussten - die revolutionären Lieder. aus dem sowjetischen
Bruderland nämlich - das taugt seit einer Weile schon als Fundgrube
für respektlos rockige Neu-Bearbeitungen. Zu den Vorreitern dieser
Art Post-Sowjet Punk zählt die Potsdamer Band "44 Leningrad" die
seit 1990 mit Karacho musikalisch durch Steppen und Gebirge zieht.
Da verbinden sich Balalaika- und Akkordeon-Klänge mit PogoRhythmen,
Gitarren donnern auf Budjonnys Spuren. Auch westliches Liedgut
schützt nichts vor der ' Russifizierung. Die Genossen dürften im
Grabe rotieren, und in den Tanzpalästen ist ebenfalls Bewegung
angesagt. Denn die Lieder vom Klassenkampf taugen heute zum
Massentanz. Und 44 Leningrad` werden nicht müde, immer wieder ihre
Speed-Folk-Maschine anzuwerfen und das Erbe durch den Wolf zu drehen,
das sonst nicht mehr zu viel taugt. Außer vielleicht zur
sentimentalen Untermalung von Veteranentreffen. Bei den Potsdamern
ist wenig Platz für Sentimentalität. Sie blitzt höchstens mal auf,
wenn Sängerin Jule ihre Sopranstimme in himmlische Höhen schraubt...
Wozu sie auf dem aktuellen Album "STO!" leider zu selten Gelegenheit
bekommt. Denn die Band hat sich zu einer noch schärferen Gangart
entschlossen und zergrölt lieber sogar die eigentlich zärtlichen
Stücke. So wird "Von dort!" mit Wodkastimme gekrächzt, erst zum Ende
müssen die durchgeknallten Gitarren einem Walzerdreh weichen. Ein
Akkordeon deliriert in"Padam Padam"'in schwindelerregenden Kreisen.
Schwere Rockriffs zitieren in "Mamamia" ein Motiv der deutschen
Electronic-Band Kraftwerk. An anderer Stelle müssen Edith Piaf und
Herbst in Peking dran glauben. Die Band hat überhaupt das Revier
erweitert, in dem sie wildert. Auch orientalische Gesänge haben
jetzt ihren Platz. Wenn sich 44 Leningrad doch einmal zur
Sentimentalität hinreißen lassen, dann mit äußerster Konsequenz.
..,Die "Wolgaschlepper" müssen sich gut eine Viertelstunde lang den
Fluss hinaufschleppen. Der Song bohrt sich mit hypnotischen
Schleifen so lange in die Gehörgänge, dass er tagelang nicht wieder
zu vertreiben ist. Es sei denn, man lässt die CD noch einmal laufen
und meidet das Schlussstück.
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