Vorwort des ehemaligen Top-Agenten Rainer Rupp Im Rahmen meiner Tätigkeit in der Politischen Abteilung der NATO in Brüssel hatte ich oft mit Mitarbeitern von CIA und DIA zu tun. Einige waren auch für längere Zeit von ihren Mutterorganisationen zur regulären Arbeit in der NATO deligiert, andere kamen regelmäßig zu den sogenannten Expertentreffen der verschiedenen NATO-Komitees, bei denen die neusten nachrichtendienstlichen Erkenntnisse und Einschätzungen über wirtschaftliche, technologische, politische und militärische Entwicklungen in der UdSSR und in den anderen Staaten des Warschauer Vertrages diskutiert und zusammengefaßt wurden. Anders als die Mitarbeiter vm BND, die selbst bei solchen Treffen ihr oft belächeltes Geheimdienstspielchen treiben mußten und unter falscher Identität auftraten - meist kamen sie angeblich von einem der Bonner Ministerien -, bekannten sich ihre amerikanischen Kollegen und Kolleginnen ganz offen zu ihrer Herkunft und verteilten nicht selten Visitenkarten, auf denen in goldenen Lettern CIA mit ihrem Namen, Adresse und Telefonnummer stand. Und bei meinen regelmäßigen Besuchen in Washington ließ ich keine Gelegenheit aus, meinen Kollegen in Langley und im Pentagon einen Gegenbesuch abzustatten. Oftmals traf man sich dann noch abends privat zu Hause oder in einem der vielen und interessanten ethnischen Restaurants in Georgetown, wo fast alle Küchen der Welt vertreten sind. In den meisten Fällen handelte es sich bei den CIA-Mitarbeitern, die ich persönlich kennengelernt habe, um gewandte, in Gesellschaft angenehme Menschen mit hervorragender akademischer Ausbildung, die - wie mir schien - auch nach ihrem Persönlichkeitsprofil sorgfältig ausgesucht waren. Der oft erhobene öffentliche Anspruch der CIA, daß "America's best and brightest", also die Besten und Gescheitesten des Landes, bei Ihr arbeiten, schien sich auf den ersten Blick zu bestätigen. Und nicht selten fand ich früherer CIA-Mitarbeiter im Stab von Senatoren und Abgeordneten des Repräsentantenhauses, die die CIA erfolgreich als Sprungbrett in die Politik benutzt hatten. In der Öffentlichkeit malte die CIA gerne an diesem zivilen Bild von sich und ihren hervorragenden Mitarbeitern, die sich nicht zu verstecken brauchten und auch in für jedermann zugänglichen Konferenzen durch ihr Wissen brillierten, wobei sie sich unbekümmert als Angehörige der CIA ausgaben: ein demokratischer Geheimdienst in einem demokratischen Land, dessen Arbeit auf solider, akademisch fundierter und nüchterner Analyse beruht. Aber die janusköpfige CIA hat noch ein anderes Gesicht, ein häßliches und schmutziges, daß sorgfältig vor der Öffentlichkeit verborgen wird. Es ist die Welt der "covert operations", der verdeckten Operationen, deren verbrecherische Machenschaften hin und wieder bloßgelegt werden, von denen man aber bisher höchstens die Spitze des Eisbergs gesehen hat. Was im Rahmen solcher verdeckter Operationen bisweilen ans Tageslicht kam, war oft so unglaublich, daß es zu Zeiten des Kalten Krieges ein Leichtes war, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, die Vorwürfe seien nur kommunistische Propaganda. Aber seit Ende des Kalten Krieges ist die Welt auch für die CIA rauher geworden. Viele der oft haarsträubenden Geschichten sind mittlerweile in Papieren des Kongresses dokumentiert und weithin bekannt geworden. Auftragsmord, Folter, Sabotage und andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der CIA und ihrer verdeckten Operationen. Sie haben auch in den USA den mächtigsten Geheimdienst der welt nachhaltig in Verruf gebracht. Aber selbst das schöne Bild von der nüchternen analytischen Tätigkeit der CIA ist trügerisch und wird nun - leider viel zu spät - unter die Lupe genommen. Dabei wird kritischen Beobachtern klar, daß die CIA-"Erkenntnisse" meist nur dazu dienten, die außenpolitische Linie der jeweiligen Regierung in Washington "wissenschaftlich" zu stützen, oft wider besseres Wissen der CIA-Analytiker selbst. Persönlich habe ich einige Kehrtwendungen von CIA-Einschätzungen während meiner Zeit bei der NATO erlebt. Was gestern noch mit viel "Wissenschaftlichkeit" als unumstößliche Wahrheit verkauft wurde, galt heute schon nicht mehr. Mit genau so viel "Wissenschaftlichkeit" wurde nun das Gegenteil bewiesen. Notfalls flog man dafür Dutzende von Experten nach Brüssel ein, um die NATO-Partner in den Komitees von der neuen Linie zu überzeugen. Weder vom Personalaufwand noch vom Grad der Spezialisierung der experten konnten die anderen NATO-Staaten diesen massiven amerikanischen Einsatz mit Vergleichbarem kontern. Das Resultat: Die Meinung der Amerikaner setzte sich meist in den gemeinsamen NATO-Dokumenten durch. Das besagte jedoch nicht, daß die Stichhaltigkeit der amerikanischen bzw. der CIA-"Erkenntnisse" von den Europäern nicht weiterhin in Zweifel gezogen wurde, besonders dann, wenn deren Kongruenz mit der neuen politische Linie in Washington allzu offensichtlich war. So verlor die CIA nach und nach innerhalb der NATO an Glaubwürdigkeit, weil man nie genau wußte, welche neue "Erkenntnis" politisch motiviert und manipuliert war und welche auf reinen Fakten basierte. Nicht zuletzt litten die CIA-Analytiker selbst unter dieser wissenschaftlichen Unredlichkeit. Und nicht selten schütten sie ihr Herz aus, wenn man dieses Problem abends bei einem Glas Wein zur Sprache brachte. Auftragsstudien müßten sie schreiben, wobei das Ergebnis bereits von Anfang an durch die Politik vorgegeben sei, ohne jede Rücksicht auf die Fakten. Das war eine Klage, die ich oft zu hören bekam. Etliche sind dabei zu Zynikern geworden, die einfach ihren Job machten und taten, was von ihnen verlangt wurde. Sie verdienten ihr gutes Geld, der Rest war ihnen egal. Andere fühlten sich in ihrem wissenschaftlichen selbstverständnis zutiefst verletzt und suchten sich eine neue Arbeit. So traf ich z.B. zwei ehemalige CIA-Analytiker später als Mitarbeiter von Kongreßabgeordneten wieder. Sie taten sich nun als scharfe Kritiker der CIA und deren Methoden hervor. Im Laufe des Kalten Krieges haben die von der US-Regierung vorgegebenen Auftragsstudien der CIA wesentlich dazu beigetragen, die aggressive Politik washingtons gegen das sozialistische Lager durch ein regelrechtes lügengebäude über die sowjetischen militärischen und militär-technologischen Kapazitäten und Intentionen zu zementieren. Über Jahrzehnte hinweg wurden so durch Falschinformationen und Übertreibungen die sowjetische Bedrohung als existenzgefährdent dargestellt, die amerikanische bevölkerung auf einen antikommunistischen kreuzzug eingeschworen und der Kongreß dazu motiviert, immer höhere Rüstungsausgaben zu bewilligen. Mit der Zeit entwickelte dieses komplizierte Blendwerk, an das alle glauben wollten, eine eigendynamik, denn schließlich hingen wichtige Wirtschafts- und Forschungszweige und ein großer Teil des militärisch-industriellen Komplexes vom fortbestand der "sowjetischen Bedrohung" und "Überlegenheit" ab. Die Eckpunkte dieses Bedrohungsszenariums waren immer wieder neue "Lücken", die die CIA "entdeckte". Zuerst war es die Bomberlücke, wonach die UdSSR bedeutend mehr Langstreckenbomber aks die USA hatte, eine Lücke, die unbedingt geschlossen werden mußte und die zu einem riesigen Rüstungsprogramm für die US-Luftwaffe führte. Als dann der Sputnik im Weltraum piepte, wurde die Raketenlücke entdeckt. Danach kam die Sprengkopflücke (Nuklearsprengköpfe für Raketen). Und schließlich folgte, ganz allgemein die Lücke bei den Rüstungsausgaben. Dazwischen lagen viele kleine Lücken in Teilbereichen, die immer wieder Anlaß zum Auflegen von neuen Rüstungsprogrammen in den USA gaben und die UdSSR zwangen nachzuziehen. Mittlerweile weiß jedes Kind, daß die meisten dieser Lücken frei erfunden waren, und das wird auch ganz offen eingestanden, nachdem der Zweck erreicht wurde. Die Sowjetunion hat sich zu Tode gerüstet und ist von der Bühne der Geschichte abgetreten. In den USA hat die Industrie an den riesigen Rüstungsprogrammen enorm verdient, und heute steht Amerika unangefochten als einzige Supermacht da. "Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg", wie die Amerikaner sagen. Mancher Leser im Westen wird sich noch an die alljährliche Horrormeldungen in den Medien erinnern, wenn die CIA ihre jeweils neuesten Schätzungen sowjetischer Verteidigungsausgaben veröffentlichte. Alarmierend wurde stets darauf hingewiesen, daß die UdSSR dafür mehr ausgebe als die USA und die übrigen NATO-Länder zusammen. Und natürlich wurden schnell die entsprechenden Schlußfolgerungen gezogen, denn nur die bösesten aller Absichten konnten solche gigantischen Ausgaben für das Militär rechtfertigen. Hätte man sich die Mühe gemacht, die Annahmen zu analysieren, auf denen diese Schätzungen basierten - ein Unterfangen, das leicht möglich gewesen wäre, denn die Annahmen wurden im Originaldokument der CIA mitveröffentlicht -, hätte man leicht feststellen können, welch ein Humbug hier der internationalen Öffentlichkeit aufgetischt wurde. Aber selten gab sich jemand die Mühe, das kleingedruckte zu lesen, zumal die CIA-Schätzungen viel zu gut in das gewünschte politische Gesamtbild paßten. Der Trick, mit dem die sowjetischen Verteidigungsausgaben ins schier Unermeßliche hochgejubelt wurden, bestand in der von der CIA angewandten und im Kleingedruckten beschriebenen "Dollar-costing"-Methode. Dabei stellte sich die CIA die Frage, was es die USA kosten würde, die Sowjetarmee mit allem Drum und Dran in Amerika zu reproduzieren und zu unterhalten, wohlgemerkt zu amerikanischen Löhnen und Preisen. Nehmen wir z.B. den Personalbestand der Sowjetarmee. Deren Zahl und Struktur (Mannschaften, Unteroffiziere und Offiziere) kannte man mehr oder weniger. Entsprechend ihres Dienstgrades wurden nun den sowjetischen Soldaten fiktive US-Freiwilligengehälter bezahlt, minus 25 Prozent wegen der angeblich geringeren Bildung der Sowjetsoldaten - eine Annahme, über die so mancher europäische NATO-Mitarbeiter laut lachte. Folglich kam die CIA zu enorm hohen Dollarkosten allein für das Personal der Sowjetarmee, das viel größer war als das der USA. Das Ganze hatte denn auch noch den angenehmen Nebeneffeckt, daß jedes Mal, wenn die amerikanischen Soldaten eine Gehaltserhöhung bekamen, die sowjetischen "Ausgaben" in Dollar entsprechend überproportional stiegen. Erreicht wurde durch diese Methode aber, daß allein dieser sowjetische "Ausgabeposten" zeitweilig höher war als die gesamten Verteidigungsausgaben der USA. Bei der Schätzung der Kosten für sowjetische Waffensysteme ging die CIA ähnlich vor. Man kannte einigermaßen die Zahl der Großsysteme und machte - soweit man sie nicht kannte - Annahmen über ihre technologischen Konfigurationen. Damit ging man dann zu Vertretern der amerikanischen Rüstungsindustrie und fragte, was es kosten würde, entsprechende Systeme (Flugzeuge, Panzer, Raketen usw.) mit diesen und jenen technischen Spezifikationen in den USA herzustellen. Bei der Beantwortung dieser Fragen schnitt sich die amerikanische Rüstungsindustrie natürlich nicht in den eigenen Finger und setzte bei ihren Schätzungen entsprechend hoch an, sonst wären Fragen, warum ihre eigenen Systeme so viel teurer seien, nicht ausgeblieben. Bei den anderen sowjetischen Ausgaben, wie z.B. militärische Forschung und Entwicklung sowie Testen und Auswerten, verfuhr man bei der Dollar-Kosten-Schätzung der CIA noch mehr nach der Methode "pi mal Daumen". Als Ergebnis konnte die CIA dann jedes Jahr von neuem mit erschreckend hohen sowjetischen Rüstungsausgaben aufwarten, was seinen politischen Zweck erfüllte. Ganze Heerscharen hochqualifizierter Fachleute beschäftigte die CIA mitr der jährlichen Fortschreibung ihrer Schätzung der sowjetischen Verteidigungsausgaben, trotz zunehmender Kritik auch aus den eigenen Reihen über deren Aussagekraft. Aber während es in den USA wenigstens noch einige kritische Stimmungen gegen diese methode gab, wurden die CIA-Zahlen von deutschen Medien und Politikern in Bonn so gut wie unbesehen übernommen und entsprechend propagandistisch verwertet. Als ich im "NAT0-Brief" Anfang der 80er Jahre eine scharfe Kritik an der wissenschaftlichen Unredlichkeit dieser "Dollar-costing" Methode publizierte, wurde ich von vielen Seiten angegriffen. Herzlich gratuliert hat mir dazu, wenn auch nur in einem persönlichem Gespräch, ein CIA-Mitarbeiter, der selbst auch noch in leitender Funktion an dieser Methode arbeitete. Geboren im Morgengrauen des Kalten Krieges, feierte die CIA am 26. Juli 1997 ihren 50. Geburtstag. Abgesehen von den Propagandaerfolgen mit der Erfindung der "rüstungslücken" und trotz eines sorgfältig aufgebauten Mythos' kann die reichste und größte Spionageorganisation der Welt kaum auf nachrichtendienstliche Glanzleistungen zurückblicken. Dagegen kam sie immer wieder wegen mißlungener verdeckter Operationen ins Gerede. Viele davon endeten im Desaster. Auf die Regierungsumstürze und Subversionsmaßnahmen nebst Mord und Totschlag und auf die Hilfe für faschistische und autoritäre Regimes zur Unterdrückung der Bevölkerung und linker Bewegungen kann die CIA gewiß nicht stolz sein, wenn sie dort auch ihre größten "Erfolge" zu verbuchen hatte. Gegen ihren Hauptfeind, die UdSSR, hat sie nachrichtendienstlich glatt versagt, während sie umgekehrt immer wieder peinliche und schmerzhafte Schlappen einstecken mußte, wenn wieder einmal festgestellt wurde, daß sie bis in die sensibelsten Stellen vom KGB ausgeforscht worden war. Die Liste der unerklärten Kriege, Umstürze, Sabotage- und Subversionsakte gegen fremde Staaten, die die CIA im Laufe ihrer unseligen Existenz durchgeführt hat, ist lang und hinterläßt eine blutige Spur rund um den Globus. Indonesien, Iran, Kongo, Laos, Chile und Nicaragua sind nur einige Beispiele, die man nennen müßte. Die Zahl der Opfer, für die die CIA direkt und indirekt verantwortlich ist, geht in die Millionen. Man denke nur an die Massenmorde an Kommunisten in Indonesien. Demokratisch gewählte Regierungen, die den USA aufgrund ihrer linken Orientierung während des Kalten Krieges nicht genehm waren, wurden entweder auf Geheiß oder mit aktiver Unterstützung der CIA gestürzt, ihre Anhänger gefoltert, ermordet oder verschleppt. Und wenn eine Marionette den USA zu eigenständig wurde, organisierte man einen Coup, um den Betreffenden durch einen gefügigeren Strohmann zu ersetzen. Allerdings wäre es falsch, die Schuld für all das allein der CIA in die Schuhe zu schieben. Die CIA ist kein Apparat, der im Vakuum operiert, jenseits jeglicher Regierungskontrolle. Der Amerikaner und ehemalige CIA-Mitarbeiter Tom Bramer, der z.Zt. in Brüssel lebt, unterstrich im Juli 1997 in der "International herald Tribune", daß jeder Plan der CIA für eine verdeckte Operation im Nationalen Sicherheitsrat der USA heiß debattiert und auch schon mal modifiziert wird. Der endgültige Plan muß dann vom US-Präsidenten und zumindest vom "Select Intelligence Committe" des Senats abgesegnet werden. Wenn auch die CIA für ihre oft bewiesene Inkompetenz bei der eigentlichen nachrichtendienstlichen Arbeit ganz allein die Schuld trägt, so sind ihre Operationen nichts anderes als ein Instrument der amerikanischen Regierung zur Durchsetzung ihrer Außenpolitik mit anderen Mitteln. Nach bürgerlichen Rechts- und Moralvorstellungen hätten die CIA und mit ihr die Verantwortlichen in der amerikanischen Regierung für viel ihrer verdeckten Operationen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht gestellt werden müssen, wenn in den westlichen Gesellschaften nicht diese erschreckende Heuchelei und Doppelmoral herrschen würden. Sie halten auch in unserem Land Politiker und Medien davon ab, ein Verbrechen als Verbrechen zu bezeichnen, wenn es von dem Großen Bruder jenseits des Atlantiks begangen wird. So verurteilten die westlichen Länder unter Führung der USA einhellig die sogenannten Schurkenstaaten Iran, Irak, Syrien und Libyen, weil sie Terroranschläge unterstützen. Diese schrecklichen Anschläge auf Leib und Leben unschuldiger Menschen sind in der Tat durch nichts zu entschuldigen oder zu relativieren. Aber wird dabei nicht vergessen, daß an dem außenpolitischen Instrument der US-Regierung, genannt CIA, mehr Terrorblut klebt, als bei allen Anschlägen der "Schurkenstaaten" geflossen ist? Wenigstens eine kritische Distanz könnte man erwarten. Statt dessen pflegen Bonn und Pullach enge und freundschaftliche Beziehungen mit der CIA. Dabei ist dem Schild und Schwert der amerikanischen Wirtschaftsinteressen kein Mittel schäbig und keine verdeckte Aktion heimtückisch genug, wenn es darum geht, ihre Interessen durchzusetzen. Auf diesem Auge blind, versuchte das westdeutsche Establishment viel lieber, den Auslandsnachrichtendienst der DDR, die HVA, und deren Mitarbeiter zu kriminalisieren. Aber trotz intensiver Suche der westdeutschen Strafverfolger - und im Unterschied zu denen anderer Staaten sind die Akten der DDR nun offen - konnte kein Blut an den Händen der HVA gefunden werden. Allerdings waren die westlichen Geheimdienstexperten erstaunt, mit welch bescheidenen finanziellen Mitteln die HVA zurechtgekommen war, obwohl sie allgemein zu den effektivsten und erfolgreichsten Nachrichetendiensten der Welt gerechnet wurde.Dafür mag es viele Gründe gegeben haben. Mit dazu beigetragen hat sicherlich der hohe Anspruch, den offizielle und inoffizielle Mitarbeit der HVA an sich selbst und ihre Weggefährten gestellt haben, waren sie doch davon überzeugt, durch ihren Einsatz der Sicherung des Friedens und der Stärkung des Sozialismus zu dienen. Von einer ganz anders motivierten Geheimdienstarbeit ist im vorliegenden Buch Dr. Klaus Steinigers die Rede. Er berichtet über Dilettanten und Verbrecher im Sold der amerikanischen Regierung; über das Scheitern der nachrichtendienstlichen Arbeit gegen den Hauptgegner Sowjetunion und die kaltschnäuzige Wildwestmanier, mit der die CIA völkerrechtswidrig Nicaraguas Häfen verminte; über die Mordpläne gegen Fidel Castro bis hin zur "atemberaubenden Inkompetenz von Amerikas Top-Spionageorganisation" (New York Times) im Golf-Krieg gegen den Irak. Ungeschönt und ungeschminkt gibt der Autor Einblick in Methoden und Umfeld nicht nur der CIA, sondern auch der anderen amerikanischen Geheimdienste, denen zusammen jährlich fast 30 Milliarden Dollar zur Verfügung stehen, um ihre unheimliche Macht zu entfalten. Rainer Rupp |
Jens Mecklenburg (Hg.) ISBN 3-88520-612-9 GLADIO - Die geheime Terrororganisation der Nato In Europa gibt es ein geheimes Terror-Netzwerk unter den Namen "Gladio" (Kurzschwert), "Schweigenetz" oder "stay behind". Gladio ist der Nato unterstellt und verfügt seit den fünfziger Jahren über ganz Westeuropa umspannende paramilitärisch-nachrichtendienstliche Organisationsstrukturen mit dem Ziel, im Kriegsfall Sabotage- und Terrorakte zu planen und durchzuführen. Diese Geheim-Armee wurde für den Partisanenkampf ausgebildet, legte Waffendepots und Munitionslager an, wurde mit modernsten Kommunikationsmitteln ausgerüstet und von einer geheimen Nato-Zentrale in Brüssel koordiniert. Die klandestinen Organisationen, die es nach bundesdeutschem Recht und Gesetz gar nicht geben dürfte, entziehen sich jeder demokratischen Kontrolle. Als Mitglieder wurden in der Bundesrepublik und Österreich nicht selten ehemalige SS- und Waffen-SS-Männer rekrutiert, in Italien heuerte man ehemalige Mitglieder der Mussolini-Faschisten an. Eine Reihe von Terrorakten der letzten Jahrzehnte in Europa wird Gladio angelastet. Das Buch beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit den Gladio-Strukturen in Deutschland, Österreich, Italien und der Türkei, bietet aber auch einen Gesamtüberblick. Mit Beiträgen von Dario N. Azzellini, Olaf Goebel, Markus Perner und Klaus Zellhofer. |
Was diese Eingriffe in die Politik anderer Länder und die
angezettelten Aufstände, die dann bekämpft werden, anrichten, sehen
wir z.B. im Kosovo, die Gewerkschaft der Polizei hat sich auch so ihre
Gedanken gemacht: dp special Nr. 7 (Beilage zu DP 8/1999)
Die düstere Allianz – Kriege werden, so der britische Schriftsteller Frederick Forsyth im Mai 1999, an vier verschiedenen und doch zusammenhängenden Fronten geführt. Die erste Front ist die militärische, die zweite die politisch-diplomatische, die dritte der Propagandakrieg. Die vierte Kriegsfront ist die unsichtbare, die der geheimen Dienste. Im jüngsten Jugoslawien-Krieg (24. März bis 10. Juni 1999) kämpfte die Nordatlantische Allianz allein an der ersten Front einen Luftkrieg, in welchem über 1000 Jets, die in 79 Tagen über 34.000 Einsätze flogen, fast 10.000 Bomben auf militärische und zivile Ziele in Jugoslawien abwarfen. Der NATO-Einsatz konnte dennoch die "ethnische Säuberung (Ethnic Cleaning)" im Kosovo durch serbisches Militär, sogenannte Polizei-Einheiten und marodierende paramilitärische Banden nicht verhindern. So schätzte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV - eine der (Informations)Kriegs-führenden Parteien?) am 1. Juni 1999, dass serbische Einheiten seit März 1998 mindestens 650 Dörfer im Kosovo ganz oder teilweise zerstörten, mindestens 30.000 Albaner und Angehörige nichtserbischer Minderheiten umbrachten und bis 1,5 Millionen Kosovaren aus ihren Wohnungen vertrieben. Im Kosovo selbst waren bis dahin noch rund 500.000 Personen auf der Flucht, 960.000 hatten das Land verlassen. Die Mehrheit davon, insgesamt 400.000, war nach Albanien geflüchtet. Doch dieses Land, in welchem es nach dem Zusammenbruch eines Schattenwirtschaftssystems im März 1997 zu bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen kam, leidet immer noch unter den Folgen des Zusammenbruchs der staatlichen Ordnung. Bis heute wird Albanien zu großen Teilen von bewaffneten Clans kontrolliert, deren 30.000 kriminell aktive Mitglieder insbesondere den Norden des Landes kontrollieren. Für sie, eben die sogenannte albanische Mafia, wurden die Flüchtlinge zum Geschäft. Keine vier Wochen nach Kriegsbeginn hatten Banden schon einen einträglichen Schwarzhandel mit den Hilfsgütern in Nordalbanien, "Gangland" genannt, aufgebaut. Von den Tonnagen, die täglich auf dem Flughafen Tiranas oder im Hafen von Durres ankamen, verschwand auf dem Weg zu den Flüchtlingslagern ein hoher Prozentsatz. Zur gleichen Zeit, im nordalbanischen Kukes saßen schon über 100.000 Flüchtlinge fest, sollen in der Hafenstadt Vlore, Hochburg der albanischen Schleusermafia, schon über 10.000 Kosovaren auf eine Fahrt über den Kanal von Otranto an die südapulische Küste gewartet haben. Doch die "Scafisti" schleusten nur Flüchtlinge, die noch Bargeld retten konnten - pro Kopf 1000 Dollar für die Passage. Anfang Mai gab es erste Berichte darüber, dass aus den Lagern heraus geflüchtete Mädchen und Frauen aus dem Kosovo von albanischen Mafiosi verschleppt und in die Prostitution verkauft wurden. Diese Berichte von Menschenrechtsorganisationen wurden von der UN-Flüchtlingskommissarin Sadako Ogata bestätigt. Wenige Tage später machte das UN-Flüchtlingshilfswerk darauf aufmerksam, dass "kriminelle Elemente versuchten, aus dem humanitären Evakuierungsprogramm Geld zu schlagen." Der Kosovo-Krieg ist das jüngste Beispiel für eine Entwicklung, die Zusammenhänge zwischen Kriegsgeschehen, organisiertem Verbrechen und Terrorismus deutlicher werden lässt. Neue Kriegsökonomie und neue Bündnisse Seit dem 2. Weltkrieg und mehr noch seit dem Ende der Ost-West-Konfrontation hat sich die Erscheinungsform des Krieges verändert. Der "klassische" Krieg (zwischen Staaten) wurde weitgehend verdrängt durch den Bürgerkrieg (innerhalb eines Staates). Dazu der renommierte Zukunftsforscher Alvin Toffier in seinem bedeutsamen Buch über Krieg und Kriegsverhinderung "Überleben im 21. Jahrhundert" (1994)6 u. a.: "Da jedes Jahr etwa 30 Kriege auf dem Erdball toben, ist damit zu rechnen, dass in den kommenden Jahrzehnten 50 bis 100 Kriege verschiedener Größe ausbrechen, falls unseren Bemühungen, den Frieden zu erhalten und Blutvergießen zu verhindern, nicht wesentlich mehr Erfolg beschieden sein wird als bisher. Diese Aufgabe wird jedoch immer schwieriger, je mehr sich die Kriege diversifizieren. Am einen Ende der Skala stehen kleine Bürgerkriege und gewaltsame Konflikte im armen oder technisch unterentwickelten Teil der Welt sowie Terrorismus, Drogenhandel, Umweltsabotage und ähnliche Verbrechen ... Heute erleben wir eine verwirrende Vielfalt von separatistischen Kriegen, ethnisch und religiös motivierten Gewalttätigkeiten, Staatsstreichen, Grenzkonflikten, Bürgerkriegen und Terroranschlägen, und Millionen von notleidenden, kriegsgeschädigten Menschen fliehen ins Ausland (gefolgt von unzähligen Drogenhändlern). Viele dieser scheinbar kleinen Konflikte ziehen aufgrund der zunehmenden Verflechtung der Weltwirtschaft auch benachbarte und selbst entfernte Länder in Mitleidenschaft." Noch weiter geht der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld. In seinem Buch "Die Zukunft des Krieges" (1998) vertritt er die These, dass künftig "nicht Armeen die Kriege führen, sondern Gruppierungen, die wir heute als Terroristen, Guerillas, Banditen oder Räuber bezeichnen" - die Grenzen zwischen organisierter Bandenkriminalität, Krieg und fanatisiertem Gemetzel würden bald verschwinden. Van Creveld kann sich vorstellen, dass der konventionelle Krieg "vielleicht seine letzten Schritte macht". Die Vorherrschaft übernimmt eine "Kriegsführung niedriger Intensität", der "low intensity conflict", kurz LIC. Obwohl vom US-Militär entwickelt, ist LIC ein Konzept, das nicht rein militärisch angelegt ist. Das Handbuch der Dienstvorschriften des US-Heeres, FC 100-20, definierte im Mai 1986 Low-Intensity Warfare (Conflict)8 wie folgt: "LIC ist ein begrenzter politisch-militärischer Kampf zur Erreichung politischer, militärischer, sozialer, wirtschaftlicher oder psychologischer Ziele. Er ist oft von längerer Dauer und reicht von diplomatischem, wirtschaftlichem und psychologischem Druck bis zu Terrorismus und Aufständen. LIC ist im allgemeinen auf ein bestimmtes geographisches Gebiet begrenzt und wird oft durch Einschränkungen der Bewaffnung, Taktik und des Gewaltniveaus gekennzeichnet. LIC beinhaltet die tatsächliche oder erwogene Anwendung militärischer Mittel bis unterhalb der Schwelle des Kampfes zwischen regulären Streitkräften." Etwas überspitzt ließe sich formulieren, dass LIC konzeptionell ein eher politisch orientierter, integrierter Politikansatz mit militärischen Elementen - und keine vorwiegend militärische Angelegenheit - ist: letztlich eben ein "modernes Konzept zur Herrschaftssicherung". In den "Konflikten niedriger Intensität", insbesondere in den Bürgerkriegen, ersetzt eine "neue Kriegsökonomie" die klassische Kriegswirtschaft. |
die Deutschen müssen natürlich bei jeder Schweinerei dabei sein,
sogar als treibende Kraft: "Vergeltung" hieß Terror Das politische Buch: Vergessene NS-Verbrechen Von Helmut Lölhöffel Die Geste des Besuchs von Bundespräsident Johannes Rau in dem griechischen Bergdorf Kalavryta hat ein unterschlagenes Kapitel deutscher Kriegsverbrechen in den Blickpunkt gerückt: den Besatzungsterror auf dem Balkan und die Schonung der Verbrecher durch die Justiz. Die blutige Spur des Terrors der deutschen Nazi-Okkupationsmacht in den Jahren 1943 und 1944 zieht sich durch ganz Europa. Das tschechische Lidice und Oradour in Frankreich stehen als Symbole dafür. Weniger bekannt sind die serbischen Orte Kraljevo und Kragujavac sowie die griechischen Dörfer Distomo und Kalavryta. Ebenso wie Auschwitz das Synonym für die Vernichtung der Juden ist, sind diese Namen bleibende Erinnerungen an die Verbrechen der deutschen Besatzung in diesen Ländern. Von den Massakern, die dort begangen wurden, handelt der Band, der nach einem internationalen Symposion zum Thema "Widerstand und Repressalie im Zweiten Weltkrieg" in Athen entstand. Kalavryta war, schreibt Walter Manoschek in seinem Aufsatz, "kein einmaliges, tragisches Ereignis und kein isoliertes Verbrechen", sondern "Resultat eines generellen politischen Konzepts der Wehrmacht auf dem südöstlichen Kriegsschauplatz", wie es auch von der mittlerweile aus der Öffentlichkeit gezogenen Wehrmachtsausstellung dargestellt worden ist. Das Blutbad von Kalavryta, bei dem mehr als 1200 Menschen ermordet wurden, wird als Teil einer systematischen Militär- und Repressionspolitik des NS-Regimes gegen die Zivilbevölkerung auf dem Balkan beschrieben. Alle Beiträge in diesem Buch füllen Lücken unserer Schul- und Geschichtsbücher. Die Grundsatzbefehle für "Sühnemaßmahmen", wie die deutschen Militärs ihren Terror beschönigend nannten, und die dahinter steckende Ideologie werden sezierend aufgedeckt, die Brutalität der Invasoren eindrucksvoll geschildert und mit Dokumenten belegt. Nicht weniger erschütternd als dieser Terror ist die systematische Begünstigung und Schonung der Täter durch die deutsche Justiz in den Nachkriegsjahren. Eberhard Rondholz zeichnet nach, welche Kniffe die Richter fanden, um die Verantwortlichen glimpflich davon kommen zu lassen. Nur vier deutsche Kriegsverbrecher, die in Griechenland "Vergeltungsmaßnahmen" befahlen, wurden zu nennenswerten Strafen verurteilt. Der Sammelband, der durch Raus Besuch neue Aktualität bekommt, ist ebenso informativ wie beschämend. Loukia Droulia/Hagen Fleischer (Hrsg): Von Lidice nach Kalavryta. Widerstand und Besatzungsterror. Metropol Verlag Berlin, 1999, 295 Seiten, 34 Mark.
[ dokument info ] |
Die UCK habe »selbstredend die in Kosovo verbliebenen Serben und Roma
fast vollständig vertrieben, die ethnischen Türken mußten gehen, und die
katholischen Albaner berichten von Gewaltmaßnahmen ihnen gegenüber.
Selbst albanische Intellektuelle setzen sich aus dem Kosovo offenbar
nach Belgrad ab.« Daraus zieht Willy Wimmer die einzig logische
Schlußfolgerung, die aber in der in Balkanfragen gleichgeschalteten
Berliner Republik als kleine Sensation zu werten ist: Belgrad ist der
einzige große multi- ethnische Staat auf dem Balkan. http://www.jungewelt.de/2000/04-06/004.shtml
der deutsche krieg war nach 1945 nicht zu ende. doch um wieder militärisch eingreifen zu kønnen, musste er vorläufig und gezwungenermassen als ideologischer fortgesetzt werden "der 24.märz 1999 markiert das ende der europãischen nachkriegszeit. 78 tage lang bombardierte die nato jugoslawien, bis über 30.000 soldaten aus halb europa und ganz nordamerika in den kosovo einmarschierten. das 20.jahrhundert endet, wie es begonnen hat, mit krieg auf dem balkan. diesmal, so verlautete es aus den kommandozentralen der atlantischen generalität, sei es ein "humanitärer krieg". die devise: bomben im dienst der menschenrechte; zerstören, um zu retten. der westliche konsens hierfür reichte vom nato-hauptquartier über christliche und sozialdemokratischen bis hin zu grünen stimmen. die historisch tief verwurzelte verachtung für die menschen auf dem balkan hat an der "heimatfront" dazu geführt, dass noch jede generation ihre rechtfertigung für den krieg gefunden hat." "der rausch ist vorbei. der gehirnnebel, der monatelang über europa lag, beginnt sich zu lichten. immer deutlicher tritt zutage, welch regiment der dummheit ueber die øffentlichkeit der nato-staaten hereingebrochen war. die welt sah 78 tage lang der zerstørung eines landes zu, das während der ganzen zeit keinen schuss auf fremdes territorium abgab. die nato aber tat mit den bomben auf belgrad kund: wir kønnen künftig nach eigenem ermessen jedes land angreifen, das über keine atomwaffen verfügt. einem menetekel gleich hat der kosovo-krieg die weltpolitischen rahmenbedingungen für das 21.jahrhundert vorgezeichnet und die weichen auf aufrüstung, zunehmende machtpolitische rivialität, sezessionskämpfe und kriegsverbrechen gestellt." |