Aus: "Der Rechte Rand" Nr. 44 Jan./Feb. 1997

Drogen, Kontraguerilla und Nazis - Gladio wütet weiter in der Türkei


von Olaf Goebel

1990 wurde bekannt, daß die westlichen Geheimdienste und die NATO eine außerhalb jeglicher parlamentarischer Kontrolle stehende Geheimarmee aufgebaut hatten, deren Aufgabe die Bekämpfung des Kommunismus war und zwar sowohl außen-, wie auch innenpolitisch. 

In Deutschland hatten die einzelnen staatlichen Institutionen kaum Interesse an einer Aufklärung. Nach und nach wurde zumindest deutlich, daß sowohl alte Nazigeneräle der nationalsozialistischen Abwehr (Baun, Gehlen etc.), Rechtsextreme (Lüth, Wolsink etc.), die CIA und der BND diese Struktur maßgeblich mitaufgebaut hatten. Auch die Waffenlager des Forstmeisters Heinz Lembke können als Teil des Netzes betrachtet werden. 

In sämtlichen Ländern des Westens existiert Gladio angeblich seit 1991 nicht mehr. (siehe zu Gladio: Der Rechte Rand Nr. 10 Jan./Feb. 1991, S. 3 - 6) In der Türkei konnte jetzt wegen eines Autounfalles aktuelle Aktivitäten von Gladio bewiesen werden. 

Er ereignete sich am 3.11.1996. Der einzige Überlebende ist Sedat Bucak, Chef eines mächtigen Kurden-Stammes und Herr über eine Privatarmee von über 30.000 Mann, die als sogenannte Dorfschützer in Kurdistan gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK kämpft. Bucak sitzt als Abgeordneter der Partei des Rechten Wegs (DYP) im türkischen Parlament. Verstorben ist Hüseyin Kocadag, bis vor Kurzem als Vizechef der Istanbuler Polizei, zuletzt Leiter einer Polizeiakademie. Bucak und Kocadag sind seit Jahren eng befreundet und kennen sich noch aus der Amtszeit des Polizisten als Kommissar in Bucaks Heimatort Siverek. Kocadags Lebensgefährtin Gonca Us überlebte den Crash ebenfalls nicht. Die Sportstudentin war 1991 zur "Miß Cinema" gekürt worden und zeitweilig mit einem Agenten des türkischen Geheimdienstes MIT liiert, der seit März vergangenen Jahres verschwunden ist. Sie war mit falschen Personalpapieren ausgestattet. Der dritte Tote trug neben einer Tüte Kokain echte Identitätspapiere bei sich, die ihn als Mehmez Özbay auswiesen, Ermittler des Finanzministeriums. Özbay durfte Waffen tragen und autofahren, entsprechende Papiere hatte er dafür. Ebenso besaß er einen grünen Diplomatenpaß, ausgestellt vom türkischen Innenministerium, der ihm die ungehinderte und unkontrollierte Einreise in andere Länder erlaubte. 

Doch trotz echter Papiere ist der Mann nicht der, der er vorgibt zu sein. Der Tote ist in Wirklichkeit Abdullah Catli und wird seit 18 Jahren von Interpol wegen Heroinhandel gesucht. In den siebziger Jahren befehligt er als Vizechef die rechtsradikalen "Grauen Wölfe", eine nach SA-Vorbild aufgezogene paramilitärische Terrortruppe des Neofaschisten Alparslan Türkes. 1982 wurde Catli in Zürich gefaßt und nach Italien ausgeliefert, dort aber wegen mangelnder Beweise freigesprochen. Mehrmals kam er danach in Frankreich und zuletzt in der Schweiz wegen Heroinhandels ins Gefängnis. 1990 taucht er nach einer spektakulären Flucht aus dem eidgenössischen Zentralgefängnis Bostadel unter. Im Kofferraum des gepanzerten Mercedes fanden sich weitere falsche Papiere, außerdem Maschinenpistolen, Berettas, Schalldämpfer, Abhörgeräte, falsche Nummernschilder und Munition. 

Der türkische Innenminister Mehmet Agar ergriff in der prekären Situation die Flucht nach vorn. Sein Freund Bucak sei der beste Kämpfer gegen die PKK, sagte Agar, im übrigen seien die Männer in dem Mercedes gewesen, "weil sie Catli in ein Istanbuler Gefängnis bringen wollten". Dieser sei vorher von Kocadag festgenommen worden. Eine Lüge, wie Journalisten schnell herausfanden. War doch die Mercedes-Besatzung vor dem Unfall ein Wochenende lang mit Casino-Besuchen und der Begutachtung von lukrativen Grundstücken beschäftigt. Zufälligerweise stieg die Gruppe dazu im selben Luxushotel wie der Innenminister ab... Nach einem Gespräch mit der Parteichefin Tansu Ciller (DYP) konnte der Innenminister seinen Hut nehmen. Doch die Rechtfertigungsprobleme der türkischen Regierung sind damit nicht vom Tisch. Wenige Tage vor dem Unfall hatte der Vorsitzende der türkischen Arbeiterpartei Dogu Perincek der Öffentlichkeit einen geheimen Bericht des türkischen Nachrichtendienstes MIT zugänglich gemacht, indem es heißt, Agar spiele bei der Gründung einer Geheimorganisation gegen die PKK und die linke Organisation Dev Sol eine Schlüsselrolle Die Geheimorganisation arbeite mit Mafiamethoden, lasse durch ehemalige "Graue Wölfe", denen man neue Identitäten und Pässe besorge, Attentate verüben, würde erpressen und rauben und sei direkt Agar unterstellt. Diese Truppe verübe nicht nur politisch motivierte Morde, sondern mische auch im internationalen Waffenhandel und Drogenschmuggel mit. 

Die Angaben decken sich exakt mit dem, was man bisher über die türkische Kontraguerilla weiß. Auch Catli war Mitglied einer Gruppe der Kontraguerilla, die ebenfalls tief in Drogengeschäfte und Mafiamorde verstrickt ist und Bucak finanziert seine Dorfschützer-Armee, die eng in die Kontraguerillastruktur eingebunden ist, durch Drogenhandel. Berichte wie der von Perincek sind in der Türkei nicht neu. Vor drei Jahren wandte sich ein ehemaliger Bataillonskommandeur der paramilitärischen Jandarma (JITEM) an die Öffentlichkeit. Dessen "Geständnisse" sind in einem, frei im Handel erhältlichen, unzensierten Buch nachzulesen. Major Cem Ersever legte ganz freimütig die Strategien der Kontraguerilla im türkischen Südosten dar: Die Spezialeinheiten - oftmals Jandarma oder Militärs mit "Graue-Wölfe"-Hintergrund - überfallen als PKK-Militante getarnt Dörfer, um eine Anti-Guerilla-Stimmung zu erzeugen oder um die Loyalität der kurdischen Dorfbewohner zu testen. Willkürliche Exekutionen werden von der Kontra mit Billigung der Sicherheitskräfte und des Gouverneurs des Ausnahmezustandes durchgeführt, oft bedient man sich dabei auch islamistischer Gruppierungen oder PKK-Überläufern als Killerkommandos. Zur Methodik der Antiterrorstrategie des Militärs gehört nach Ersevers Angaben auch die Rekrutierung von gefangenen PKK-Militanten, die, falls sie nach Folterungen geständig und willig sind, mit einer neuen Identität ausgestattet werden. Sie werden dann entweder auf Militärgelände verborgen oder verbleiben in sogenannten Überläuferzellen der Gefängnisse, von wo aus sie ihre Aufträge während großzügig bewilligter Hafturlaube erledigen können. Der Major gab auch zu, daß viele der Anti-Terror-Spezialisten mit Drogen und Waffenschmuggel zu erheblichem Reichtum gelangten und rege bei der Umgehung des Handelsembargos gegen den Irak mitmischten. Cem Ersever wurde nach der Veröffentlichung im November 1993 ermordet. Oppositionsführer Mesut Yilmaz ist zwar noch am Leben, aber eine Warnung hat er schon erhalten: am 25. November 1996 wurde er von einem Unbekannte in Budapest attackiert und verletzt. Yilmaz hatte kurz vorher erklärt, daß er während seiner Amtszeit drauf und dran gewesen sei aufzudecken, wie Schwarzgeld-Mafia und militante Kreise gemeinsam den Staat zu beeinflussen versuchten. Yilmaz hatte während seiner kurzen Amtszeit als Ministerpräsident nach den Wahlen im Dezember 1995 der damaligen Oppositions- und heutigen islamistischen Regierungspartei Informationen über Einmischungen seiner in den vergangenen Jahren zu einem phantastischen Vermögen gekommenen Koalitionspartnerin Ciller in staatliche Auftragsvergaben und andere Korruptionsvorwürfe zugespielt, sowie aufgedeckt, daß sich Ciller in ihrer Amtszeit als Ministerpräsidentin zehn Millionen Dollar einsackte. Viele sind davon überzeugt, daß Frau Ciller selbst in dunkle Machenschaften verwickelt ist. 

So weigert sie sich bis heute über den Verbleib besagter Millionen Auskunft zu geben, die sie in den letzten Stunden ihrer Amtszeit als Ministerpräsidentin im Februar 1996 abends um 23 Uhr aus der Zentralbank und zwei weiteren Banken in ihr Palais schaffen ließ. 

Ciller Stellungnahme dazu: "Das ist ein Staatsgeheimnis. Wenn ich es preisgebe, brechen Kriege aus." Dabei ist der Krieg auf dem Gebiet der Türkei schon lange ausgebrochen und wahrscheinlich flossen die Millionen genau in diesen Krieg: in den Ausbau der Konterguerilla und deren Kampf gegen die kurdische Bevölkerung. 

Tatsächlich gehört die türkische Konterguerilla zur geheimen NATO-Struktur GLADIO, mit deren Aufbau 1952 begonnen worden war. Der türkische Teil wurde 1953, ein Jahr nach dem Beitritt des Landes zur NATO, unter der Bezeichnung "Anti-Terror-Organisation" gegründet und im selben Gebäude wie die US-Militärmission untergebracht. 1964 wurde sie in Abteilung für besondere Kriegsführung (OHD) umbenannt. Sie untersteht dem Generalstab und ist auch unter anderen Namen wie Sonderstreitkräftekommando (OKK) und Abteilung für Kriegsführung (HD) bekannt. Das OHD arbeitet eng mit dem militärischen Geheimdienst MIT zusammen, die Finanzierung des türkischen Gladio übernahm bis 1974 die USA. Gladio basierte auf den Dokumenten NSC 10-2 bzw. 68-48 des Nationalen Sicherheitsrates der USA von 1948. Damals wurde der Kreuzzug gegen den Kommunismus, der Weg in den "Kalten Krieg" von Präsident H. Truman beschlossen. Der CIA wurde erlaubt illegale, geheime Aktionen und Operationen, covert operations genannt, aller Art durchführen, sie waren politisch und gesetzlich in den USA abgesegnet. 

Schon 1952 waren von den rund 3.000 CIA Angestellten zwei Drittel für covert operations zuständig und verschlangen drei Viertel des Budgets von 200 Millionen Dollar. Im den streng geheimen Dokumenten sind erstmals die Aufgaben nordamerikanischer Geheimagenten definiert, die weltweit in sogenannten special projects arbeiten: "Propaganda, Wirtschaftskrieg, vorbeugende Direktmaßnahmen, einschließlich Sabotage, Anti-Sabotage, Zerstörung, Evakuierungsmaßnahmen." Desweiteren geht es um "Subversion in feindlichen Staaten, einschließlich Unterstützung für im Untergrund operierende Widerstandsbewegungen. Guerillakräfte und Gefangenenbefreiungskommandos, sowie Unterstützung einheimischer antikommunistischer Kräfte in bedrohten Ländern der westlichen Welt." 1954 wurde die Direktive modifiziert. Die Anordnung NSC 5411-2 sieht für Gebiete, die vom "internationalen Kommunismus dominiert und bedroht sind" vor, "Widerstand im Untergrund zu entwickeln und verdeckte sowie Guerilla-Operationen zu erleichtern; die Verfügbarkeit dieser Kräfte im Kriegsfalle sicherzustellen; wo immer möglich unter Einschluß von Vorkehrungen aller Art, die dem Militär die Ausbreitung dieser Kräfte in Kriegszeiten innerhalb aktueller Operationsgebiete gestattet." 

Die Idee für Gladio hatte die CIA mitten im Koreakrieg. Damals ging in fast allen europäischen Hauptstädten die Furcht vor einer tödlichen Bedrohung aus dem Osten um. In Italien und Frankreich gab es starke kommunistische Parteien, der blutige Bürgerkrieg in Griechenland lag wenige Jahre zurück, durch Deutschland verlief die Grenze, die damals die Welt teilte. Das Netzwerk dehnte sich bald auf ganz Westeuropa aus. Die Geheimdienste der einzelnen Länder leiteten die subversive Ausgeburt des "Kalten Krieges". Die Zusammenarbeit mit SHAPE, oberstes militärisches Hauptquartier der NATO-Streitkräfte in Europa, band die nationalen GLADIO-Gruppen in Übungen ein und betreute sie fachlich. Die dreckige Arbeit der Geheimdienste wurde ständige weiterentwickelt. Das Dokument, das mehr als jedes andere die Mechanismen der geheimen Eingriffe und verdeckten Operationen deutlich werden läßt, ist unter dem Namen Field Manual (FM) 30 - 31 bekannt geworden. 

Es entstand 1970 im US-amerikanischen Generalstab unter General Westmoreland. Die Field Manuals sind Broschüren, die für die Offiziere und die Büros der 'Intelligence' des Heeres bestimmt sind. Die Nummern weisen auf das Interessengebiet der Dokumente hin. Die Nummer 30 ist für die militärischen Geheimdienste bestimmt, die Nummer 31 behandelt 'Sonderoperationen'. Das Handbuch enthält Direktiven für den Fall, daß in einem befreundeten Land die Möglichkeit einer politischen Umwälzung zugunsten kommunistischer Kräfte besteht, wobei es keine Rolle spielt, ob legal durch Wahlen oder etwa durch Bürgerkrieg. Im FM werden Direktiven für verschiedenartigste Operationen gegeben. Im 4. Kapitel z.B. heißt es: "Es kann geschehen, daß die Regierungen des befreundeten Landes angesichts der kommunistischen oder von den Kommunisten inspirierten Subversion Passivität oder Unentschlossenheit zeigen, daß sie nicht mit angemessener Kraft auf die Berechnungen der Geheimdienste reagieren, die durch Organisationen der USA weitergegeben werden (...). 

In diesen Fällen müssen die Geheimdienste der US-Armee die Mittel vorbereiten, um Sonderoperationen durchzuführen, die die Regierung und die Öffentlichkeit des befreundeten Landes überzeugen können, daß die Gefahr real und daß es notwendig ist, Antwortaktionen durchzuführen." Erlaubt ist dann alles was zum Erfolg führt. Die Field Manuals wurden für die Militärs am Bosborus ins Türkische übersetzt und als ST 31 in Umlauf zum Dienstgebrauch gebracht. Bekannt wurde dies durch den kritischen Oberstleutnant Talat Turhan. Der Oberstleutnant bewies so, daß die staatlichen Untergrundorganisationen ungestört Morde begehen dürfen.

Er betonte: "Das ist der Geheimbund in den NATO-Ländern" - 20 Jahre bevor Gladio aufflog. Turhan wurde nach der Militärinvasion von 1971 von Angehörigen der Konterguerilla gefoltert. Nach den Enthüllungen über GLADIO wuchs auch in der Türkei der Verdacht, daß die Geheimkrieger sowohl an der Terrorwelle der siebziger Jahre wie auch am Militärputsch 1980 direkt beteiligt waren. Denn zum Zeitpunkt des Coups stand die Geheimtruppe, der vor allem "Graue Wölfe" angehörten, unter dem Befehl jenes Generals Kenan Evren, der den Staatsstreich kommandierte und sich später zum Präsidenten machte. Um das Gelingen des Putsches sicherzustellen befand sich zur Zeit des Putsches die schnelle Eingreiftruppe der NATO in der Türkei zum NATO-Manöver. Der Sozialdemokrat und türkische Ex-Premier Bülent Ecevit behauptete, er habe von den Gladio-Kriegern zum erstenmal 1974 erfahren. Er sei damals vom Generalstab gedrängt worden einen Geheimfonds für die "Abteilung für besondere Kriegsführung" einzurichten, damit diese ihre Sonderaufgaben bei der Zyperninvasion erfüllen könne. Die Geheimtruppe würde normalerweise von der CIA finanziert, für die Sonderaufgaben reiche jedoch das Geld nicht. Außerdem hatten die USA auf Grund der Zyperninvasion die CIA-Gelder vorläufig sperren lassen. Vielleicht mußten die fehlenden 10 Millionen der Vizepräsidentin Ciller ein ebensolches Finanzloch stopfen. Immerhin kostet der Krieg in Kurdistan die Türkei jährlich mehrere Milliarden DM. Auch die BRD leistet ihren Beitrag an der Ausbildung der Kontraguerilla. 

Neben ständigen Waffenlieferungen an die türkische Armee, wurden 1985 der Aufbau von Kontraguerillakommandos von der deutschen GSG 9 und dem BKA unterstützt. Stolz berichtete einer der neuen Soldaten: "Wir lernten alles, was zur Kunst des gnadenlosen Tötens gehört." Ecevit lastete auch das Massaker auf dem Istanbuler Taksim-Platz am 1. Mai 1977 der Konterguerilla an. Damals erschossen Unbekannte 38 demonstrierende Arbeiter und verletzten 300. Wenige Tage später wurde auf den Sozialdemokraten selbst ein Anschlag verübt. Augenzeugen sahen einen Mann in Polizeiuniform, der auf Ecevit schoß, aber dessen Mitarbeiter tötete. Der Schütze ist bis heute nicht identifiziert. Die Liste des Terrors "Unbekannter" gegen die türkische Opposition ist lang

. Abdullah Catli ist nach Ansicht türkischer Terrorismusfahnder mindestens an zwei Massakern mit zwölf Todesopfern beteiligt gewesen. Ein weiterer Täter in der Terrorwelle ist Mehmet Ali Agca. Er ermordete im Februar 1979 den linksliberalen Chefredakteur der Tageszeitung "Milliyet", Abdi Ipekci, und wurde verhaftet. Kurze Zeit später befreite ihn ein Kommandotrupp unter Führung des beim Autounfall getöteten Abdullah Catli aus dem Gefängnis. 1981 verübte Agca in Rom das Attentat auf den Papst, dessen Hintergründe bis heute im Dunkeln liegen.

Quellen:_
Knightley, Phillip: Die Geschichte der Spionage im 20. Jahrhundert. Aufbau und Organisation, Erfolge und Niederlagen der großen Geheimdienste. Bern, München, Wien 1989. Frankfurter Rundschau 9.11.1996, 2.1.1991. Stern Nr. 48 1996. Zoom: Es muß nicht immer Gladio sein, Nr. 4+5 1996, Wien 1996. Die Tageszeitung 23.11.90. Türkei Information Jan./Feb. 1991. Junge Welt 15.11.1996, 26.11.96, 9./10.11.1996, 11.11.1996. Spiegel Nr. 48 1990, Nr. 47 1990. Blätter für deutsche und internationale Politik Heft 9/1991, S. 1108. Neue Züricher Zeitung vom 6.12.1990, in: Österreichische Militärzeitschrift, Heft 2/1991, S. 122. Müller, Leo A.: GLADIO - das Erbe des Kalten Krieges. Der NATO-Geheimbund und sein deutscher Vorläufer. Hamburg 1991. Bericht der Untersuchungskommission des italienischen Parlaments, in: Blätter für deutsche und internationale Politik Heft 9/1991, S. 1106, Fußnote 24.

 
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Sozial vollwertig


von Olaf Goebel

Die völkischen Eskapaden der Chefin der Bunderinstituts für Bevölkerungsforschung (BIB), Charlotte Höhn, liegen in der Forschunglinie seiner nazistischen Gründerväter

Studentinnen und Studenten der Johannes Gutenberg Universität Mainz wehren sich seit Beginn des Sommersemesters gegen Vorlesungen der Expertin für Bevölkerungswissenschaft Charlotte Höhn. Aufgrund der heftigen Proteste mußten Höhns Veranstaltungen bisher zweimal abgebrochen werden. Ihr Seminar am 29. Juni konnte nur unter Polizeischutz durchgeführt werden. Trotzdem hält die Fachbereichsleitung der Sozialwissenschaftler an einer Fortsetzung dieser Veranstaltung fest. Der Industriesoziologe Professor Landwehrmann ließ sich jetzt etwas besonderes einfallen, um die Studierwilligen von den Studierunwilligen zu trennen und Höhns Vorlesungen gegen den Widerstand der Studentenschaft durchzusetzen: Jede/r Studierende mußte sich bei ihm in eine Liste eintragen, die Dringlichkeit einer Teilnahme an der Vorlesung Höhns durch Scheinvorlagen belegen und zum Beweis der Fügsamkeit schon beim Einschreiben ein Referat übernehmen.

1994 war die Direktorin des BIB im Statistischen Bundesamt in Wiesbaden durch rassistische Äußerungen vor der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo aufgefallen. Sie hatte sich über die »niedrigere Intelligenz« von Afrikanern ausgelassen. In der Folge war sie vorübergehend vom Dienst suspendiert worden. Sechs Tage nach ihren Ausfällen brachte sie unter Druck eine Distanzierung zustande, die keine war: »Den statistischen Nachweis von Intelligenzunterschieden bei einzelnen Völkern zu führen«, so Höhn, dürfte »im Rahmen wissenschaftlicher Arbeit nicht unstatthaft sein«.

Mittlerweile hat sie vom Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Mainz einen Lehrauftrag erhalten. Ihre erste Vorlesung am 24. April mußte nach heftigen Studentenprotesten ausfallen; an eine Aussetzung ihrer Veranstaltungen wird indes von der Leitung des Fachbereichs nicht gedacht. Der Dekan des Fachbereichs, Hradil, teilte auf Anfrage mit, daß es dafür momentan keine Grundlage gebe. Man habe die wissenschaftlichen Arbeiten Höhns geprüft und sei auf rassistische Äußerungen nicht gestoßen. Sollten sich allerdings an anderer Stelle Äußerungen finden, die auf eine entsprechende Geisteshaltung der Frau Höhn hinwiesen, so werde erneut geprüft. »Wir sind eine liberale Universität und befürworten den Diskurs zwischen linken und rechten Positionen, werden aber keine nationalsozialistischen oder rassistischen Positionen zulassen«, betonte Hradil. Die Wahl sei auf Höhn gefallen, weil bisher alle Direktoren des Bundesinstituts einen Lehrauftrag gehabt hätten. Sie sei eben von ihrem Amtsvorgänger Schwarz vorgeschlagen worden, als dieser aus Altersgründen keine Vorlesungen mehr abhalten wollte. Das ist keine besonders günstige Erklärung, hatte doch Schwarz in einer Institutsfestschrift ausgerechnet Ferdinand Oeter zu Wort kommen lassen, der der rechtsextremen »Gesellschaft für freie Publizistik« angehörte, für die neurechte »Nation Europa« und die »Neue Anthropologie« des Nazi-Anwalts Jürgen Rieger schrieb. Unter Schwarz erschien 1990 eine Denkschrift des Bundesinstituts, die dem »Experten für Asoziale« Dr. med. Siegfried Koller gewidmet war. Koller war 1973 BIB-Gründungsmitglied und leitender Beamter im Wiesbadener Statistischen Bundesamt. Er hatte die Volkszählung 1960/61 vorbereitet, aus der zahlreiche Fragen gestrichen werden mußten, weil sie zu deutlich an NS-Gedankengut anknüpften. Im 3. Reich hatte Koller zu den Medizinern gehört, denen der angewandte Terror der Nazis nicht weit genug ging. Ober die 400.000 zwangsweise Sterilisierten hinaus hatte er in der 19 40/41 erschienen Schrift Die Gemeinschaftsunfähigen Eheverbote empfohlen und Sterilisierungen und Einweisungen in Arbeitslager für alle »gemeinschaftsunfähigen Individuen« (Asozialen). Bei einer Hochrechnung fielen darunter ca. 1,6 Millionen Menschen, darunter Prostituierte, Suchtkranke, »Rassenschänder« und »Landesverräter«.

Auch Charlotte Höhn bewegte sich als Autorin in rechtsextremen Kreisen. An dem Buch Sterben wir aus? war sie neben Theodor Schmidt-Kaler beteiligt, der das ausländerfeindliche »Heidelberger Manifest« unterzeichnet hatte und immer wieder als Autor in rechten Publikationen auftaucht.

Was an der Mainzer Universität heute möglich ist, war 1994 an der Gießener Universität unmöglich. Dort hatte die Universitätsleitung einen Lehrauftrag Höhns wegen ihrer parallel zur Konferenz in Kairo veröffentlichten rassistischen Äußerungen ausgesetzt. 1995 teilte der Präsident der Universität Gießen, Heinz Bauer, mit, daß Frau Höhn endgültig als Lehrbeauftragte abgelehnt werde. Er begründete dies mit berechtigten Zweifeln, daß »Frau Höhn auch die gesellschaftspolitische Verantwortung der Bevölkerungswissenschaft mit reflektiert und in der Lehre vertritt«.

Es darf gefragt werden, inwieweit das Bundesinstitut selbst zur Reflexion fähig ist, stellt es doch für eine Wissenschaftler-Clique sozusagen die Krönung des Lebenswerkes dar. Schon 1942 sollte die Bevölkerungskunde als Wissenschaft im »Reichsinstitut für Bevölkerungswissenschaft« etabliert werden, doch dazu kam es erst über 30 Jahre später in der BRD mit der Eröffnung des »Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung«. In der Zwischenzeit sammelten sich die »wissenschaftlichen Soldaten« in der noch heute bestehenden »Deutschen Gesellschaft für Bevölkerungswissenschaft« . Unter ihnen Männer wie Koller, der Statistiker Friedrich Burgdörfer, der die Zahl der »Rasse- und Glaubensjuden« für die nationalsozialistischen Umsiedlungs- und Vernichtungspläne berechnet hatte, und der Sozialhygieniker Hans Harmsen. Harmsen hatte wahrend der Nazizeit die Zwangssterilisierung in den Anstalten der Inneren Mission durchgesetzt und 1973 das BIB mitbegründet. Die Gruppe dieser »Bevölkerungsexperten« gewa nn unter Adenauer schnell an Einnuß. Ihr wurden vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden gewünschte Daten aller Art zur Verfügung gestellt. 1954 schenkte der bayrische Ministerpräsident Hans Erhard der Gesellschaft die ursprünglich für das »Reichsinstitut« angeschaffte Bibliothek. Die Bevölkerungswissenschaftler beschäftigten sich mit Themen wie »Stand und Entwicklung der deutschen Familie« und »Soziologische Auswirkungen der volksdeutschen Umsiedlung«. Auch sorgte man sich um die ausreichende Vermehrung der Deutschen. Man müsse der Bevölkerungsentwicklung im Ostblock unbedingt einen »deutschen Bevölkerungsdruck« entgegensetzen, denn »sonst laufe das deutsche Volk Gefahr, seinen biologischen Anspruch auf die umstrittenen Ostgebiete zu verlieren«.

Koller und Harmsen sorgten 1974 dafür, daß das BIB auf ihrer Linie blieb, indem sie Hans W. Jürgens auf den Direktorensessel hievten. Er formulierte als Ziel des BIB die Lösung der »Probleme des nationalen Geburtenrückgangs«, die er 1976 mit seiner Modellidee »Mutter im Staatsdienst« verwirklichen wollte. Harmsen hatte sich schon 1960 in der Nachfolge seines Lehrers Koller allerhand Gedanken gemacht, so z.B. Über »Asoziale« als Träger »erblicher Minusvarianten« und ihre eventuelle Vermischung mit »sozial Vollwertigen«. Er schlug vor, diese durch Asylierung oder Unfruchtbarmachung zu verhindern. Harmsen verließ das BIB 1979. Es wurde ruhig um das Institut, von kleinen Patzern einmal abgesehen: 1981 wurde Harmsen eine Festschrift gewidmet, ein Jahr später ehrte man Koller. In einer Publikation wurde 1990 die NS-Bevölkerungswissenschaft verharmlost, und 1993 betonte das BIB, daß es »die bedeutenden Leistungen der älteren Bevölkerungswissenschaftler« schätze, »die schon lange vor dem Bes tehen des BIB die Bevölkerungswissenschaft in Deutschland geprägt und erneuert haben«.

Erst als sich Charlotte Höhn 1994 vor Kairo ganz auf der Höhe des Bevölkerungsinstituts äußerte, gab es Proteste: »Wir müssen den Mut haben, überflüssige Behörden wie diese abzuschaffen«, tönte der CDU-Bundestagsabgeordnete Horst Eylmann. Doch nichts dergleichen ist bisher geschehen. Im Gegenteil soll ein weiteres Institut zur Bevölkerungswissenschaft eingerichtet werden. In Rostock ist das »Max-Planck-Institut für Demographie« der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) geplant. Entscheidungen über Max-Planck-Institute fällt deren Senat, bestehend aus Vertretern des Staates, der Wissenschaft und der Öffentlichkeit, gefördert werden sie maßgeblich mit Milliardenbeträgen aus Bund, Ländern und der Industrie. Bevölkerungsforschungsexperten vermuten hinter dem Neuaufbau einen öffentlichkeitswirksamen Trick: Während das BIB auf der Forschungslinie seiner nazistischen Gründerväter liegt und das allgemein bekannt ist, erscheint ein Max-Planck-Institut (MPI) auf den ersten Blick unproblematisch weil u nbelastet. Grund genug, einen zweiten Blick zu riskieren und ein paar weitergehende Fragen zu stellen.

Vorläufer der Max-Planck-Institute waren die Kaiser-Wilhelm-Institute der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG), die 1911 gegründet wurde und sich dadurch auszeichnete, daß sie nach 1933 nicht wie andere Institutionen von den Nazis gleichgeschaltet wurde. Generaldirektor Friedrich Glum erklärte, daß »wir davon nicht betroffen wurden, da wir uns schon gleichgeschaltet hatten«. Anläßlich des 25. Geburtstags schrieb er 1936: »Daß die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft sich dem neuen Reich Adolf Hitlers freudig für sein Wiederaufbauwerk an unserem deutschen Vaterlande zur Verfügung gestellt hat, bedarf keiner besonderen Rechtfertigung.« Im Vorwort zu diesen Ausführungen verkündete der damalige Präsident der KWG, Max Planck: »Diesen Platz (der wissenschaftlichen Forschung) auszufüllen und so ihren Teil zum Aufstieg des neuen Deutschland beizutragen, wird die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft auch in Zukunft zu ihrer höchsten Ehre rechnen«. Planck verschleierte in seinen offiziellen Kommentaren die aktive Rolle der Gesellschaft bei der Vertreibung hauptsächlich jüdischer Forscher aus ihren Instituten und die Bereitschaft vieler KWG-Wissenschaftler sich ohne größeren Widerspruch der NS-Politik unterzuordnen.

In der Tat kam der KWG im Nationalsozialismus eine Sonderrolle zu. Sie wurde großzügig von Staat und Industrie gefördert, und ihre Wissenschaftler wurden - unüblicherweise - vom Kriegsdienst freigestellt. Das verwundert nicht, sollte doch die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft nach den siegreichen Eroberungskriegen der Nazis die Führung der Wissenschaften im neugeordneten Europa übernehmen.

Einzelne Wissenschaftler der KWG beteiligten sich maßgeblich an NS-Verbrechen, wie etwa der Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Genealogie und Demographie, Prof. Ernst Rüdin. Unter seiner Mitarbeit entstanden vor 1933 die Sterilisierungsgesetze, die am 1. Januar 1934 von den Nazis in Kraft gesetzt wurden. 1935 forderte Rüdin die Legalisierung der Diagnose »moralischer Schwachsinn« als Sterilisierungsgrund. Erfaßt werden sollten damit u.a. die »mangelhaft an das Leben Angepaßten«, insbesondere »antisoziale und asoziale Menschen«. Rüdin schlug eine totale Erfassung der Bevölkerung vor und Zwangssterilisationen als »negative ausmerzende Rassenhygiene« für die einen bzw. »Zuchtwahl« für die anderen. Zeitweise arbeitet er mit dem NS-Gestüt »Lebensborn e.V.« zusammen, das 1a-Arier durch Kreuzung der SS-Elite mit echt deutschen Mädels züchten wollte. Insgesamt 40.000 Personen hat das NSDAP-Mitglied untersucht - und Zwangssterilisationen veranlaßt.

In offizieller Diktion liest sich die Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft heute jedoch so: »Angesichts der Inflation ... unterstützte der Staat die zunächst rein privat (z.B. von Krupp; O.G.) finanzierte Gesellschaft Die Nazis waren der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft nicht wohlgesonnen. Zwangsentlassungen, Repression gegen jüdische und mißliebige Mitarbeiter waren die Folge.«

1994 hat sich die Max-Planck-Gesellschaft zur Wiederaufnahme der Humangenetik-Forschung am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik in Berlin entschlossen. Der erste Humangenetiker, den die MPG berufen hat, ist H.H. Ropers, der behauptet, ein vererbbares Aggressions-Gen entdeckt und in holländischen Familien nachgewiesen zu haben. Die vermeintlichen Gen-Träger seien asozial und neigten zur Gewalttätigkeit. Der amerikanische Genetik-Professor Benno Müller-Hill befürchtete daraufhin (»FAZ«, 30.3.94), die Zeiten des »Schwarzen Winkels« könnten wiederkehren: Wenn zwei Promille aller Männer dieses Gen haben sollten, so seien dies in Deutschland 80.000 Menschen, denen erbliche Gewalttätigkeit nachgesagt werde. »Muß dann jede auffällige Person, die eine solche Mutation trägt, damit rechnen, bei geeignetem Anlaß in eine geschlossene Anstalt eingewiesen zu werden? Wird man Frauen aus solchen Familien empfehlen, in der Schwangerschaft zu testen, ob das männliche Ungeborene Träger der Mutatio n ist? Werden dann Kinder abgetrieben werden, weil sie möglicherweise einmal später als Erwachsene straffällig werden könnten? Und werden die rastlosen Forscher untersuchen, ob es diese Mutationen gehäuft in bestimmten Volksgruppen gibt? In Zigeunerfamilien zum Beispiel, deren Verwandte in Deutschland ja schon einmal, Person für Person, untersucht wurden, ehe man sie nach Auschwitz deportierte?«

Wie von der Max-Planck-Gesellschaft zu erfahren war, wird die thematische Forschungsrichtung des geplanten Rostocker Instituts von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern maßgeblich selbst bestimmt. Auf eine kleine Anfrage der PDS im Januar 1996 konnte die Bundesregierung Angaben dazu machen: Es »sollen die spezifischen Forschungschancen genutzt werden, die sich aus dem Standort des Instituts in den neuen Bundesländern ergeben: In der Erforschung der Bevölkerungsentwicklung im vereinigten Deutschland sowie in der Analyse demographischer Prozesse in Osteuropa soll das Institut eine Schlüsselrolle übernehmen.«

Einen thematischen Vorläufer hatte das geplante MPI in Rostock im Nationalsozialismus: das Institut für Erbbiologie und Rassenhygiene der KWG, wo Prof. Dr. Hans Grebe, ein Propagandist der NS-Rassenlehre, wirkte. Grebe war Schüler des Rassenhygienikers Prof. Dr. Otmar Freiherr von Verschuer, der die KZ-Experimente an Sinti- und Romakindern seines Frankfurter Doktoranden Josef Mengele förderte, als er Direktor des Kaiser-Wilhelm-Institutes für Erbbiologie und Rassenhygiene war. Von 1942 bis 1945 leitete Verschuer als Direktor das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin Dahlem und sorgte dafür, daß u.a. Gelder an seinen Assistenten Dr. med. et phil. Josef Mengele flossen, der im KZ Auschwitz mit Zwillingen experimentierte.

Ähnlich dem Wiesbadener BIB bemühte sich die MPG nie ernsthaft, ihren ideologischen oder personellen braunen Ballast abzuwerfen. Im Gegenteil passierten auch hier immer wieder »Öffentlichkeitspatzer« · Als 1995 der Völkerrechtler Prof. Dr. Fritz Münch starb, nahm die Max-Planck-Gesellschaft mit einer Todesanzeige »in Dankbarkeit« Abschied von dem emeritierten wissenschaftlichen Mitglied des Max-Planck-Instituts und »Rechtsgelehrten von hohem Rang«. Münch, von 1952-1972 Mitglied der CDU, war 1970 Vizepräsident der mit dem neofaschistischen »Deutschen Kulturwerk Europäischen Geistes« (DKEG) kooperierenden »Deutschen Akademie für Bildung und Kultur« geworden. Im selben Jahr gründete Münch mit dem einstigen NS-Dichter und langjährigen DKEG-Präsidenten Herbert Böhme eine »Deutsche Bürgergemeinschaft«. Nach einem Wahlkampfeinsatz für die CSU nahm Münch 1972 eine Bundestagskandidatur für die NPD an und mit dem Neonazi Erwin Schonborn Kontakt auf. In der Zeitschrift »MUT« des ehemaligen NPD Bundestagskandidaten Bernhard-Christian Wintzek verkündete der Rechtsgelehrte und »Völkerrechtler« Münch noch im März 1984: »Wir müssen nicht nur die Ostverträge bestreiten, sondern auch zurückgreifen auf die Grenzen vom September 1939 und sogar an die Revision der Verträge von 1919 denken.«

Olaf Goebel ist Redakeur der antifaschistischen Zeitschrift "Der Rechte Rand".

Korrigierte Version des Artikels in Konkret Nr. 8 1996 vom August 1996.
 

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