GegenInformationsBüro
1. März 2002
Klaus Viehmann
Einlassung
- Entlassung?
 
 
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Einlassung - Entlassung?

Vorab: Kronzeugen sind Mörder

1971 wird in Hamburg ein Polizist von einem unerkannten "RAF- Terroristen" erschossen. 1975 wird im Stammheimer Staatsschutzprozess gegen die RAF dringend ein Kronzeuge gebraucht, denn ein Freispruch mangels Beweise für solche "Terroristen" hätte die Staatsraison nun wirklich beeinträchtigt. Die Bundesanwaltschaft findet einen Verräter: Gerhard Müller, ehemaliges RAF-Mitglied, 1972 verhaftet. Müller kommt nach den gewünschten Aussagen im Prozess frei und erhält eine neue Identität. Dumm nur, dass Müller der Hamburger Todesschütze war und ein Mörder, gar ein "Polizistenmörder", seinerzeit gesetzlich zwingend "lebenslänglich" bekommen musste. Um Müller mit baldiger Freilassung belohnen zu können, wurde er einfach nicht wegen Mordes angeklagt. Und das, obwohl mehrere RAF-Mitglieder öffentlich aussagten, dass er geschossen hatte - und Müller selbst den Mord beim Staatsschutz sogar gestanden hatte. Sein Geständnis verschwand und alle Aussagen gegen ihn wurden für unglaubwürdig erklärt. Der SPIEGEL ging seinerzeit in einem langen Artikel undementiert davon aus, dass BKA, Bundesanwaltschaft und auch SPD-Bundesjustizminister Hans Jochen Vogel von dem Geständnis und seiner Unterschlagung wussten.

Was lehrt uns das?

1. Der Sinn und das gewünschte Ergebnis von Staatsschutzprozessen sind in ihrem Namen durchaus enthalten - sie heißen ja nicht etwa Gerechtigkeitsschutzprozesse.

2. Kronzeugen sind nicht durch Aussagen von ehemaligen GenossInnen zu widerlegen.

3. Kronzeugen können sogar Morde begangen haben - die im Staatsschutzinteresse vertuscht werden.

Taktik und Politik

Im Berliner RZ-Prozess kann immer noch viel passieren. Oder herauskommen. Aber die Prozesssituation ist nach dem "Einlassung" genannten Teilgeständnis [1] zweier Angeklagter und ihrem Deal mit Gericht und Bundesanwaltschaft schwieriger als zuvor. [2] In gewisser Weise ist die "Einlassung" eine Folge der bisherigen Prozesstaktik, bei der von Angeklagten und Verteidigung auf eine politische Antwort verzichtet wurde - aus welchen Gründen auch immer. Entsprechend ging es Monate lang um den Kronzeugen, was er verraten oder erlogen hat, um verfahrenstaktische Dinge, um Beweismittel, um die lange U-Haft usw. usw. In diesem Rahmen wurden die RZ-Aktionen, um die es der Bundesanwaltschaft immer ging, nur als strafbare Handlungen erörtert. Ihre politische Begründung oder Berechtigung verschwand hinter der kriminalistischen Frage: Wer war dabei? Die damals und heute herrschende Flüchtlings- und Kriegspolitik und die politischen Ziele dieses Verfahrens wurden nie thematisiert oder gar angegriffen. Erfolgreich im Sinne ihrer eigenen Ziele (Freilassung der Gefangenen, Demontage des Kronzeugen) war diese Prozesstaktik bisher nicht. (Es sei denn, jemand sähe die Entlassungen nach den "Einlassungen" als Erfolg.) Für die heutige antirassistische Praxis wäre ein politischer Prozess über die RZ-Flüchtlingskampagne jedenfalls interessanter gewesen. Immerhin kamen im vergangenen Jahr zu zehn Veranstaltungen "Zeiten des Zorns - zur Geschichte und Politik der RZ" über 2.000 diskussionsfreudige Leute. Das sprach dafür, dieses politische Interesse im Prozess aufzunehmen - was auch ohne jede falsche Lobhudelei auf die dahingeschiedenen RZ möglich gewesen wäre. In so einem Prozess wären "Einlassungen" zwar auch ein prozesstaktisches Problem geworden, aber alle politischen Äußerungen, zur Flüchtlingspolitik u.a., wären nicht beschädigt worden. Gerade im Kontrast zu einer politischen Prozessführung wären Teilgeständnisse als offensichtlich eigennützige Ich-Politik völlig aus dem Rahmen gefallen.

Ein einzelner Kronzeuge von der begrenzten Qualität eines Mousli lässt sich grundsätzlich immer demontieren (dafür gibt es Beispiele, auch aus Verfahren vor dem Kammergericht), ein von Angeklagten direkt oder indirekt bestätigter Kronzeuge ist eine härtere Nuss. Jeder Angeklagte, der keine Aussagen macht, ist der Angeschmierte - und mit ihm die AnwältInnen, die keine Hinterzimmerabsprachen treffen. Die zu hörende Rechtfertigung, man/frau hätte lange genug mit seiner "Einlassung" gewartet, ist eigentlich das Eingeständnis einer Erpressung: "Wenn die Taktik der Mitangeklagten im Prozess nicht dafür sorgt, dass wir raus kommen, dann machen wir unsere eigene alleine". Schuld haben so immer die, die keine Deals machen - und alle politischen Gefangenen, die den Knast lieber abgesessen haben, als zu dealen, haben sich halt geirrt. Waren halt andere Zeiten.

Es gibt gute und zeitlose Gründe, die gegen Deals sprechen. Wer sich einmal (vom Staatsschutz) hat erpressen lassen wird das wieder tun. Wer einmal seinen persönlichen Vorteil (aus dem Knast zu kommen) auf Kosten anderer genutzt hat, wird das wieder tun. Was wird in vielleicht kommenden Prozessen geschehen, wenn Zeugenaussagen verlangt werden? Wenn ehemalige Militante, die in den siebziger oder achtziger Jahren noch mit 10, 15 Jahren Knast rechnen mussten und dennoch als Stadtguerilla angetreten sind, heute wegen ein, zwei Jahren Knast (nicht mal Isolationshaft) - und um mehr als die wäre es jetzt tatsächlich nicht mehr gegangen, denn eine Zweidrittel-Entlassung aus der U-Haft wäre so gut wie sicher gewesen - Aussagen machen, werden sie in ein paar Monaten oder Jahren noch schweigend sechs Monate Beugehaft oder gar eine neue Anklage hinnehmen? Das Misstrauen ist begründet. Immerhin werden die vertraulichen Absprachen mit BAW und Gericht nicht öffentlich gemacht, sie werden in den "Einlassungen" nicht mal erwähnt. Dabei sind diese Absprachen der Grund für das Rauskommen, nicht die "Einlassungen" an sich. (Der Umkehrschluss beweist das: Wer sich ohne Absprache und ohne kriminalistische Details zu seiner Mitgliedschaft in den RZ äußern würde, um dem Kronzeugen zu widersprechen - der/die kämen deshalb ganz sicher nicht raus.) Das wissen natürlich auch die, die gedealt haben. Sie werden sich den Rest ihres Lebens selbstgerecht verteidigen oder alle meiden, bei denen sie das Gefühl haben, es tun zu müssen. Ein schlechtes Gewissen wird die Freude über die schnelle Freiheit bald überwiegen.

Egoismus macht frei

Dass das Hemd näher ist als die Jacke und jeder sich selbst der Nächste, gehört zu den Wahrheiten, Prinzipien und Lernzielen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft. Wer das falsch findet, engagiert sich sozial, womöglich gar linksradikal. Wer davon ausgeht, dass das Individuum selbstverantwortlich und frei sein sollte, steht den Zumutungen der Obrigkeit und dem stummen Zwang der kapitalistischen Verhältnisse ablehnend gegenüber. Wer globale Verhältnisse wie Krieg, Ausbeutung und Hunger nicht hinzunehmen gewillt ist, sucht nach Möglichkeiten, sie zu ändern. Wer bemerkt, dass das nur gemeinsam geht, organisiert sich und trifft Entscheidungen kollektiv. Vertrauen gehört zwingend dazu. Entsprechend war und ist Solidarität eine Wahrheit, ein Prinzip und Lernziel der Linken - sicher auch bei den RZ.

In besonderen Situationen kommt es manchen so vor, als stimme das nicht mehr. Knast und Gerichtsverfahren sind solche Situationen. Nun ist es mit womöglich erheblichen persönlichen Konsequenzen verbunden, solidarisch zu sein. Nun ist das Individuum sehr unmittelbaren und gar nicht mehr stummen Zwängen ausgesetzt. Nun wird nicht eher abstrakt, sondern ganz unverblümt das Hemd-näher-als-Jacke- bzw. Bluse-näher-als-Kostüm-Prinzip an eineN herangetragen. Nun erfordert es individuelle Kraft und Hartnäckigkeit, sich Ansinnen der Obrigkeit, denen man draußen in (Entscheidungs-)Freiheit keine zwei Gedanken gegönnt hätte, zu erwehren. Nun wird für ein Einlassen (!) auf Zumutungen etwas sehr reales geboten: Einlassen - Entlassen. Wie verlockend! Das Problem ist nur: Der geforderte Preis, der Macht ein wenig zu Gefallen zu sein, widerspricht den eigenen (linken) Ansichten und Erkenntnissen und auch der eigenen (linken) Praxis, weswegen man in den Knast gekommen ist. (Die "Unschuldsvermutung" lassen wir hier mal beiseite, die interessiert Staatsschutzorgane ohnehin nicht). Ein Deal wird mit Einzelnen auf Kosten anderer versucht, er funktioniert nie mit Kollektiven. Das vertrauensvolle solidarische Leben, Arbeiten und Kämpfen, was jede linke Organisierung herstellen will, wird gesprengt und das bürgerliche eigennützige Individuum wieder hergestellt. [3]

Üblicherweise werden unsolidarische Entscheidungen durch Diskussionen und (selbst-)kritisches Denken verhindert. Auch das Heranziehen historischer Erfahrungen anderer (Gefangener) in vergleichbaren oder noch schwierigeren Situationen ist lehrreich und kann vor Fehlern schützen. Leider kann Knast egoistisch machen, und Egoismus macht dumm und vergesslich: Wie war das noch mit der Solidarität? Was hatte mein eigenes Verhalten noch mal mit der linken Geschichte zu tun? Was verbindet mich eigentlich mit diesen Antifas, die sich da im Fernsehen immer mit den Nazis hauen? Und diese ganzen Flüchtlinge, die kenne ich doch gar nicht. Was war das noch mal für eine Organisation, der ich angehörte? Fand ich die nicht eigentlich schon lange doof? Aber hätte ich mein Verhalten nicht früher als scheußlichen Verrat gegeißelt? Ach quatsch, das war ja früher. Heute ist alles anders. Heute ist man im Knast. Kämpfen? Wie unvernünftig. Man kann doch eh nichts ändern.

Solche Selbstverarschungen lassen die Verbeugung vor der Macht ganz filigran erscheinen. Eigentlich gar nicht als Rückgratverkrümmung, sondern als schlaue Finte, als geradezu vorbildliche Taktik! Wie unverständlich, dass manche der Ansicht sind, dass zu viel Taktik den Charakter versaue.

Das Lichtlein, das man in gebückter Haltung bereits unter dem Knasttor schimmern sieht, wird so gleißend, dass es alles früher Gewusste und Gelebte ins Dunkel des Vergessenwollens taucht. Mit der im Verhältnis zur Haltungskrümmung im Quadrat zunehmenden Selbstgerechtigkeit werden die Aspekte und Personen immer überzeugender, die zur Legitimation des eigenen unsolidarischen Verhaltens taugen. Diese Aspekte sind meist juristisch-taktischer Art und diese Personen oft die Sorte Advokaten, die einem Schwätzchen mit der Obrigkeit nicht abgeneigt sind, sowie un- und ex-politische Bekannte und Verwandte. Alle anderen, insbesondere alte GenossInnen, werden vor vollendete Tatsachen gestellt.

Das Gesagte gilt prinzipiell für Verrat und für Abschwören, auch wenn dazwischen Welten liegen. Die Welten, die zwischen beidem und der Entscheidung, gar nichts auszusagen, liegen, sind allerdings noch größer. Das sieht auch der Staatsschutz so. Verrat mit einem hohen Staatsschutzfaktor (gemessen in Zahl der Verhaftungen und Waffenfunde) wird reichlich belohnt, für Abschwören mit mittleren Staatsschutzfaktor (gemessen in Distanzierungs-weite von der eigenen Geschichte und politischen Organisation) gibt es einen staatlich garantierten Mindestlohn. Der Spitzenlohn besteht aus sofortiger Entlassung nebst Geld und neuer Identität. Der Mindestlohn beinhaltet erträgliche Haftbedingungen und eine vorzeitige Entlassung. Andauernde Linksradikalität und Konsequenz werden nicht entlohnt.

Im RZ-Prozess arbeitet der Kronzeuge Mousli gerade seinen Spitzenlohn ab. Das ist bekannt und die Beurteilung seines Verhaltens ist so eindeutig, dass hier darüber nicht diskutiert werden muss. Diskussionsbedarf besteht jedoch, wenn jemand so eine "Einlassung" als "Widerlegung des Kronzeugen" rechtfertigen will. Wie deutlich muss man es denn noch sagen: Um einen Kronzeugen zu widerlegen, verhandelt man nicht mit der Bundesanwaltschaft und dem Gericht, die diesen Kronzeugen angeschleppt haben. Das tut man nur, um den Preis für das eigene Rauskommen auszuhandeln. Die wirkliche Widerlegung des Kronzeugen hätte zu längerem Lamentieren der BAW und erst später zur Entlassung geführt - dann aber zu der aller Angeklagten.

Die Fakten sprechen eine klare Sprache: Man/frau ist draußen, wer sich nicht einlässt, sitzt weiter (oder muss eine hohe Kaution hinterlegen, um einen lebensgefährlich verletzten Angehörigen sehen zu können), der Kronzeuge ist nicht demontiert, Gericht und BAW haben Breschen in die Verteidigung geschlagen. Da wurde staatlich garantierter Mindestlohn kassiert. Unsolidarisch und eigennützig. Wer das anders sehen will, sollte in Zukunft Knast als Kriminalitätsentsorgungspark, die BAW als Verteidigerin der Menschenrechte, die Vorsitzende Richterin als Mutter Teresa der Angeklagten, den Advokaten Euler als kollegialen linken Anwalt und das Besuchertreppenhaus zum Saal 500 als frisch gestrichen bezeichnen.

Tatsächlich hat man nun die aus unzähligen Knackiverfahren bekannte Konstellation, dass es mehrere geständige TäterInnen gibt, die sich darüber streiten, wer der schlimmste Täter war: "Herr Staatsanwalt, ich war zwar dabei, aber der andere hat viel härter zugehauen als ich!" Die Tatbeteiligung wird gar nicht mehr bestritten, strittig ist nur der individuelle Anteil an der Tat. [4] Allein schon, dass man akzeptiert, dass eine "Tat" vorliegt, und man diese als solche vor einem Staatsschutzsenat als justiziabel anerkennt, ist ein Einlassen auf die Staatsschutzorgane, was sie glücklich macht. (Unglücklich machen sie politische Gefangene, die ihre Handlungen als politische Aktionen nicht der bürgerlichen Rechtsordnung unterstellen wollen. Ihre Parole ist immer: "Die Geschichte wird uns freisprechen" - ob das auch das Gericht tut, ist zweit-rangig.) Gestanden wird in den "Einlassungen", dass man/frau in einer Revolutionären Zelle, also in einer "terroristischen Vereinigung" organisiert und an Aktionen oder ihrer vorbereitenden Diskussion beteiligt war. Punkt. Wer da nun Motorrad fuhr, wer da nun geschossen hat, wer bei welchem Treffen dabei war, das sind zweitrangige Widersprüche hinter dem "gemeinsamen Tatplan", die die "freie Beweiswürdigung" eines Staatsschutzurteils überhaupt nicht stören. Und da noch nie - noch nie - das Urteil eines Staatsschutzsenates des Kammergerichtes in einer Revision aufgehoben wurde, müssen sie auch nicht stören. Auf diese juristische Knackitour wird kein Kronzeuge gekippt.

Wer das "Einlassen" durch den Verlauf des Frankfurter OPEC-Verfahren, in dem die Anklage ja nicht durchkam, rechtfertigen will, übersieht die andere politische Konstellation: Die Anklage kam von einem Staatsanwalt beim Landgericht und reihte sich in die seinerzeitige CDU-Kampagne gegen den rot-grünen Außenminister Fischer nahtlos ein. Da der bekanntermaßen aussagewillige Kronzeuge Klein zeitlich passend in Frankreich von einem Zielfahndungstrupp des BKA verhaftet wurde, spekulierte die Frankfurter Rundschau, was dieser Staatsanwalt mit seiner Lebensgefährtin, einer Zielfahnderin beim BKA (wer lacht da?), so alles bespricht. Freigesprochen wurde in Frankfurt, nachdem ein Bundesanwalt (!) als Zeuge aussagte, dass die Belastungen Kleins gegen "Max" nicht den Angeklagten Schindler meinen könnten. Sehr bemerkenswert, dass die BAW gegen die Anklagebehörde und ihren Kronzeugen auftrat. Nur ihre Bestätigung gab der Aussage (Einlassung) des ehemaligen RZ-Mitglieds Gerd Schnepel, er sei der wirkliche "Max", freisprechendes Gewicht.

Im Berliner Prozess klagt die BAW selbst an. Der Kronzeuge ist von ihr selbst erarbeitet worden. Kammerrichter haben ihn bereits entlohnt. Es gibt auch keinen Minister, der entlastet werden will. Also gibt es auch kein Interesse des Staatsschutzes, dem Kronzeugen zu widersprechen. In Berlin kann es nur gegen das Staatsschutzinteresse von BAW und Gericht zu einem Freispruch kommen.

Freilassung?

Hier und heute aus dem Knast zu kommen, ist nicht das Wichtigste. Solidarität mit den Mitgefangenen ist wichtiger. Die Wirkung des eigenen Verhaltens auf die verbliebene politische Öffentlichkeit ist wichtiger. Eine ungebrochene Persönlichkeit und Biografie sind wichtiger, denn sie sind ein guter Start in das Leben nach dem Knast. Ob der ein paar Monate oder gar Jahre früher oder später erfolgt, ist gerade bei halbwegs erträglichen Haftbedingungen zweitrangig.

Sicher fällt es schwer, gegenüber Gefangenen so zu argumentieren, wenn man selbst immer draußen gelebt hat. Aber die alte Parole der KnastgegnerInnen stimmt tatsächlich: "Freiheit und Glück!"

Das eine ist ohne das andere nichts wert.

Klaus Viehmann, 1. März 02

 

Fußnoten:

[1] Der Kalauer, dass ein Geständnis eigentlich "Gesträndnis" heißen müsste, da es nicht von "stehen" sondern von "gestrandet" kommt, gilt auch für Teilgeständnisse. [zurück]

[2] Dieser Text war am 28.2.02, als noch ein dritter Angeklagter ein Teilgeständnis ablegte und entlassen wurde, bereits so gut wie fertig. An seinem Inhalt hat sich dadurch nichts geändert. [zurück]

[3] Ich habe selbst erlebt, wie Deals angeschoben werden und ich weiß, dass es möglich ist, sie abzulehnen. Andere politische Gefangene haben ähnliche Angebote genauso ablehnt und zum Teil noch länger gesessen. Kurz nach meiner Verhaftung kam 1978 ein Geheimdienstler: Entweder Verurteilung zu 15 Jahren Knast (so kam es dann auch), oder ihm Auskünfte geben und dafür weniger als zehn Jahre, nebst Halbstrafe, nebst vorherigem offenen Vollzug, er könne so ein Kammergerichtsurteil garantieren. Das nächste Angebot nach drei Jahren U-Haft während des laufenden Prozesses, dieses mal durch die Staatsanwaltschaft an den Anwalt: Öffentliche Distanzierung vom bewaffneten Kampf, es reichte auch ohne Belastung anderer, als Lohn 12 Jahre und vorzeitige Entlassung nach acht Jahren nebst vorherigem offenen Vollzug. Dann nach neun Jahren Knast Angebot durch Knastleitung und LKA: Entlassung auf "Zweidrittel" nach zehn Jahren. Bedingung: Leserbrief an die TAZ, in dem man sich vom bewaffneten Kampf distanziert, sowie Abbruch der Beziehungen zu Personen aus der "SympathisantInnenszene". Ich habe es wirklich nie bereut, all diese Deals abgelehnt zu haben, und ich finde es verurteilenswert und ärgerlich, wenn sich andere, die auch aus einer linken und militanten Geschichte kommen, auf so was einlassen. [zurück]

[4] Dass man/frau gleich mit gesteht, kultiviert und philosophisch interessiert zu sein, ist allerdings selten bei Knackis. Aber was für eine Kultur ist das eigentlich, in der heimliche Absprachen mit der Obrigkeit gut angesehen sind? Und welche Philosophie legitimiert eigentlich Egoismus? Das ist ja nicht mal christlich. [zurück]

 

 
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