Tatort Politik Beiträge:
 
1. Rot-Grün bombt den Weg frei
2. Freiheit stirbt mit Sicherheit - Rassismus wächst mit Sicherheit !
 
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Rotgrün bombt den Weg frei (die Agentur)

Die rotgrüne Bundesregierung führte 1999 den ersten Kriegseinsatz mit der Betei-ligung deutscher Truppen seit dem Ende des Nationalsozialismus durch. Die konservativ-liberale Vorgänger-Regierung hatte davor über zehn Jahre lang an der Normalisierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr gearbeitet und damit eine Steilvorlage für den Angriff auf Jugoslawien geboten. Das faktisch widerstandslose Verankern von Krieg als legitimem Mittel zur Durchsetzung außenpolitischer Interessen Deutschlands gelang jedoch erst den ehemaligen Friedensbewegten von Rotgrün. Sie schafften damit die letzten militärischen Einschränkungen Deutschlands, die als Lehren aus der Nazi-Zeit von den Alliierten bis zu den "2+4-Geprächen" aufrechterhalten wurden, aus dem Weg. Vollständige Souveränität nach 1990 heißt, mit allen Mitteln bei der Durchsetzung des weltweiten Zugangs Deutschlands zu Ressourcen und Absatzmärkten mitzukämpfen. Die Zielsetzungen, die Schäuble und Lahmers für den "Platz an der Sonne" Anfang der Neunziger formulierten, werden auch von Rotgrün in modifizierter Form fortgeführt. Neu war bei ihnen eher die Legitimierung des Krieges gegen Jugoslawien mit den Untaten der Deutschen im Zweiten Weltkrieg und Auschwitz. Diese orteten Scharping und Fischer plötzlich im Kosovo: Milosevic wurde zu Hitler und die serbische Polizei zur SS erklärt. So einfach lässt sich scheinbar die deutsche Vergangenheit abwälzen. Das, weswegen Deutschland nie wieder Krieg führen sollte, wurde damit zur Begründung des nächsten. Während die CDU/CSU bis dato das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus eher verdrängen wollten, instrumentalisierten die Rotgrünen dieses im deutschen Interesse. Mit dieser Verkehrung wurde Deutschland zum antifaschistischen Hüter der Menschen- und Minderheitenrechte deklariert. Trotz immenser "innerer Zerrissenheit" wird dabei von rotgrüner Seite auch zu Krieg - der je nach Situation "humanitärer Einsatz" oder "friedensschaffende Maßnahme" genannt wird - als Mittel zur Durchsetzung der von ihnen repräsentierten Interessen gegriffen. Mit diesem legitimatorischen Spagat fiel der Widerstand gegen den ersten deutschen Kriegseinsatz nach ´45 in diesem Land mehr als dürftig aus. Die staats- und militärkritischen Spektren der Achtziger ließen sich größtenteils von menschenrechtelnder Rhetorik ihrer ehemaligen WeggefährtInnen in die Staatsräson integrieren. Aus den gleichen Gründen, aus denen sie zwanzig Jahre vorher gegen Krieg waren, sind sie jetzt dafür. Ein entscheidender Faktor dabei scheint zu sein, dass die aggressive Außenpolitik Deutschlands jetzt nicht mehr revanchistisch, sondern als angebliche Verteidigerin suprastaatlicher Menschheitsideale auftritt. Schröder läuft nicht wie Kohl über SS-Gräber in Bitburg, sondern lässt die Bundeswehr am Gedenktag zum 20. Juli-Attentat auf Hitler ihren Eid sprechen. Die Attentäter werden in diesem Kontext als positive Traditionsstifter generell zu antifaschistischen Widerstandskämpfern gekürt, trotz der direkten Beteiligung von einigen dieser an Vernichtung der jüdischen Gemeinde. Oberflächlich betrachtet erscheint die jetzige Bundesregierung mit solchen Bezügen als geläutert genug, wieder Kriege führen zu dürfen. Die Begründungen mögen sich ändern, die Interessen bleiben tendenziell die gleichen. Beim laufenden Kriegseinsatz in Afghanistan argumentierte beispielsweise schon niemand mehr mit dem Vorwand der Verhinderung eines Faschismus wie im Fall des Angriffs auf Jugoslawien. Die "zivile Bürgergesellschaft" hat die "Schlussstrich"-Funktion erfüllt. Die rotgrüne Regierung versucht nicht mehr Großmacht zu werden, sie handelt schon als solche. Schröder formulierte dieses Projekt in der Regierungserklärung ´98 als "selbstbewusste Nation", die somit auch "selbstbewusst" Kriege führen kann. Stoiber wird sich auf jeden Fall über diese Vorarbeit der rotgrünen "Neuen Mitte" freuen.

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Freiheit stirbt mit Sicherheit - Rassismus wächst mit Sicherheit! (Materialien für einen neuen Antiimperialismus)

Unter diesem Motto protestieren wir heute vor dem Bundesinnenministerium gegen das neue Zuwanderungsgesetz und die Sicherheitsgesetze. Unter Leitung von Innenminister Otto Schily sind die Gesetze an diesem Ort ausgedacht worden. In dieser Woche werden im Bundestag die Sicherheitsgesetze verabschiedet, die das Leben hier einschneidend verändern werden. Es sind Gesetze, die die Anschläge in den USA vom 11.September zum Anlass nehmen, den Krieg, der nach außen geführt wird, nach Innen zu ergänzen. Es sind Kriegsgesetze, die einen inneren Ausnahmezustand herbeiführen, der mit Sicherheit nichts zu tun hat. Sie schaffen nicht Sicherheit, sondern Unfreiheit, Bespitzelung und Repression. Grundrechte, die angeblich gegen Terroristen verteidigt werden sollen, werden in elementaren Bereichen nun vom Parlament selbst abgeschafft. Auch der Titel "Zuwanderungsgesetz" - das Anfang des nächsten Jahres beschlossen werden soll - ist irreführend. Von 100 Paragraphen regeln 4 Paragraphen eine Zuwanderung, die nicht einmal diesen Namen verdient. Nach sorgfältiger Vorauswahl dürfen nur Menschen einreisen, die nützlich für die Wirtschaft sind, deren Ausbildung von den ärmeren Ländern bezahlt wurde, die dann abgeworben werden, um hier die Gewinne der Unternehmen zu steigern. Die restlichen 96 Paragraphen befassen sich - in deutscher Gründlichkeit - fast alle damit, wie Menschen ohne EU-Pass wieder außer Landes gebracht werden können. Es ist kein Zuwanderungsgesetz, es ist ein Auswei-sungsgesetz, das den staatlichen Rassismus und rassistische Gewalt im Alltag fördert. Zuwanderungsgesetz und Sicherheitsgesetze sind eng miteinander verzahnt. Sie greifen die Rechte der gesamten Bevölkerung massiv an, richten sich aber in ihren schärfsten Ausrichtungen im Augenblick gegen Flüchtlinge und MigrantInnen. Eine leider oft erfolgreiche Salamitaktik, den Protest zu spalten. So werden nach den jetzigen Gesetzentwürfen die Fingerabdrücke nur von Asylbewerbern zwangsweise erfasst und mit Fingerabdrücken abgeglichen, die nach Straftaten von der Polizei gesichert wurden. Die Rasterfahndung an Universitäten zielt aktuell auf ausländische Studierende. Der Zwang, einen zugewiesenen Ort nur mit staatlicher Erlaubnis verlassen zu dürfen, die sog. Residenzpflicht, trifft nicht mehr Asylbewerber allein, sondern nun auch Kriegsflüchtlinge. Das Arbeitsverbot wird ausgeweitet, Sozialhilfezahlungen bei noch mehr Menschen durch Lebensmittelpakete ersetzt. Mit den sog. Sicherheitsgesetzen werden 18 Gesetze verschärft, vom Ausländergesetz über das Verfassungsschutzgesetz bis hin zum Asylverfahrensgesetz. Das Ausländerzentralregister wird zur Zentraldatei ausgebaut, die alle Erkenntnisse über Flüchtlinge und MigrantInnen erfasst und an alle Behörden weitergibt. Das Bundeskriminalamt wollte auch für deutsche Staatsangehörige so umfassende Dateien aufbauen, das soll nun aber von den Geheimdiensten erledigt werden. Wir können nicht alle Änderungen erwähnen, deshalb wollen wir auf vier wichtige Eckpunkte dieser beiden Gesetze hinweisen: Die Gesetze schaffen - dies ist Punkt eins - gegen die gesamte Bevölkerung bisher nicht gekannte Kontroll- und Überwachungsmöglichkeiten. Von allen werden biometrische Daten (von Fingern, Händen oder Gesicht) zur Identitäts-feststellung gespeichert. Die Trennung von Geheimdiensten und Polizei - eine Konsequenz aus der verheerenden Repression der Gestapo in Nazideutschland - ist aufgegeben. Auf Anfrage der Geheimdienste müssen Banken Auskunft über Konten und Kontobewegungen ihrer KundInnen übermitteln; Telefondienste müssen Benutzungsdaten und den aktuellen Standort eines Handys herausgeben; auch auf Fluggesellschaften und Postdienste (und demnächst wohl noch Reisebüros) ist die umfassende Auskunftspflicht ausgedehnt. Riesige Datenmengen werden gespeichert, um aus ihnen Personen herauszufiltern, die verdächtig sein könnten. Nicht mehr der Verdacht gegen eine bestimmte Person löst Nachforschungen aus, sondern die gewonnenen Daten konstruieren einen Verdacht, der dann an die Polizei weitergegeben wird. Der Bürgerrechtler Rolf Gössner nennt dies eine elektronische Personenselektion ohne jeden Verdacht. Auch diejenigen, die von sich behaupten - wir haben ja nichts zu verbergen - werden überrascht sein, welche Auswirkungen Ermittlungen der Polizei am Arbeitsplatz und im privaten Umfeld haben und wie schwierig es ist zu beweisen, dass man tatsächlich nichts zu verbergen hat. Punkt zwei: weitere Einschränkung der politischen Betätigung. In erster Linie soll die politische Betätigung von Flüchtlingen und MigrantInnen beschnitten werden. Ihre Vereine können verboten werden, wenn "erhebliche Interessen" der Bundesrepublik beeinträchtigt sind. Sog. Nachfluchtgründe werden nicht mehr anerkannt. Flüchtlinge, die sich erst in Deutschland gegen die Taliban engagiert haben, hätten nach Afghanistan abgeschoben werden können. Der schon vor kurzem eingeführte neue § 129 b des Strafgesetzbuchs hat groteske Konsequenzen: die politische Unterstützung oppositioneller Bewegungen gegen Diktaturen im Ausland wird kriminalisiert und kann zur Beendigung des Aufenthaltsrechts führen. Nelson Mandela würde heute wegen seines Kampfes gegen das Apartheidregime in Südafrika erhebliche Schwierigkeiten haben, in der Bundesrepublik Asyl zu erhalten. Aber auch die neuen sozialen Bewegungen sind schon im Blick der Verfolgungsbehörden. Die Definition von Terrorismus soll nun auch Handlungen erfassen, die z.B. die ökonomische uns soziale Ordnung einer internationalen Organisation destabilisieren (gemeint sind hier Gipfeltreffen der EU, wie am kommenden Wochenende in Brüssel oder das G 8 - Treffen in Genua). Punkt drei: Die Flüchtlingslager werden nicht abgeschafft, sondern noch erweitert. Flüchtlinge haben sich in der Bundesrepublik in Lagern aufzuhalten, nach dem neuen Gesetz auch Flüchtlinge, die aus humanitären Gründen schon einen Aufenthaltstitel haben. Neu hinzu kommen jetzt die sog. Ausreiselager. In diese Lager werden Menschen eingewiesen, die von den Behörden dazu gebracht werden sollen, ihre freiwillige Ausreise zu erklären. Die Abschiebegefängnisse werden nicht etwa geschlossen, sondern den Knästen werden Ausreiselager vorgeschaltet - das Netz aus Überwachung und Kontrolle noch enger geknüpft. Nun zum letzten Eckpunkt: Ausweisung und Abschiebung. Die Stärke eine antirassistischen Bewegung muss auch daran gemessen werden, ob es ihr gelingt Abschiebungen zu verhindern. Der Kampf gegen Abschiebung ist Kernbestandteil jeder antirassistischen Arbeit. Ausweisung und Abschiebung sind Repressionen, die den rassistischen Sondergesetzen gegen Flüchtlinge und MigrantInnen unmenschlichen Nachdruck verschaffen. Das Zuwanderungsgesetz und die Sicherheitsgesetze vergrößern den Kreis von Abschiebung bedrohter Menschen. Hiergegen müssen wir uns wehren. Wir sind realistisch genug um zu wissen, dass wir die Schily-Gesetze nicht verhindern können. WIE die Gesetze aber vollzogen werden, darauf können wir Einfluss nehmen. Wir müssen hinsehen und einschreiten. Unsere Freiheit ist nicht die Sicherheit der Regierenden. Unsere Freiheit liegt in der Beteiligung am sozialen Widerstand gegen politische und ökonomische Unterdrückung, gegen Sexismus, Rassismus und Antisemitismus. Keine Sicherheitsgesetze, keine rassistischen Sondergesetze gegen Flüchtlinge und MigrantInnen!

 
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