Eine Anti-Kriegs-Mobilisierung, die nicht beim Ruf nach ein bisschen Frieden stehenbleibt, stellt sowohl inhaltlich als auch praktisch den Krieg und die fortgesetzte Militarisierung des Alltags in einen sozialen Zusammenhang.
Um diesem Spektrum der Antikriegsbewegung auch neben dem Aufruf zur bundesweiten Demonstration gegen die Sicherheitstagung in München Anfang Februar 2002 Kenntlichkeit zu geben werden hier Analysen und Diskussionen,
Aktionsberichte sowie ein
aktionsbezogener Terminplan zusammengestellt.
1 Einschätzung politischer Gruppen
Gute Einschätzungen und Analysen zur Situation nach den Angriffen auf Pentagon und WTC waren und sind mittlerweile vielerorten zu finden und auch zu lesen. Aus der Sicht einer Mobilisierung jedoch haben politischen Positionen von organisierten Gruppen einen anderen Stellenwert. Sie spiegeln nicht nur individuelles ExpertInnenwissen wider sondern sind Ausdruck von kollektiven Diskussionsprozessen und letztendlich die Basis für eine erfolgreiche Mobilisierung. Deshalb wollen wir diese Einschätzungen hier hervorgehoben darstellen, auch wenn sie nicht in allen Fällen über den allgemeinen Stand der Überlegungen hinausgehen.
wildcat: Zu den Anschlägen in den USA und zum Krieg
Materialien für einen neuen Antiimperialismus: Antiterrorismus: die Politik sozialer Feinderklärung
Überregionales Forum Genova Libera: Eure Freiheit ist nicht unsere
autonomes, anarchistisches, antimilitaristisches und antipatriarchales Spektrum Berlin: Gegen grenzenlose Selbstgerechtigkeit!
Aufruf sozialrevolutionärer ArbeiterInnen: Es gibt keine Alternative zur Sozialen Revolution
felS: Hate is in the air
Anti-NATO Komitee: Gegen die Sicherheitskonferenz in München!
Antikriegstreffen Kiel: Deutschland im Krieg
Erklärung von progressiven Teilen der ostdeutschen Bürgerbewegung: Wir haben es satt!
2 Analysen und Diskussionen
Krieg ist Frieden
Bei den Beiträgen um die Einordnung der Anschläge auf das Pentagon und das WTC selbst fällt schnell auf, wie sehr sich soziale Realitäten auf die Reaktionen der Ereignisse auswirken. Insbesondere eine internationalistisch orientierte Diskussion hier sollte die Einschätzungen aus dem globalen Süden nicht ausblenden und in die Debatten hierzulande hinein tragen.
In einer Erklärung des Wildcat-Zusammenhanges Zu den Anschlägen in den USA und zum Krieg heisst es: "Der Anschlag hat der Brutalität, zu der Menschen fähig sind, keine neue Ebene, noch nicht mal einen neuen Ort hinzugefügt: die Vereinigten Staaten von Amerika, die Durchsetzung des Kapitalismus in diesem Teil der Welt, hat von Beginn an Krieg bedeutet: Abschlachtung der indianischen Urbevölkerung, Sklaverei, Bürgerkrieg, Krieg um Texas usw. Eigentlich ist das größere Wunder nicht die Tatsache, dass die Weltmacht Nummer Eins mit papiermesserbewaffneter Entschlossenheit überrumpelt worden ist, sondern dass so etwas nicht schon viel früher passiert ist ... Und es geht - vor allem - um den kalten Zynismus, die Anmaßung von absoluter Macht, die Verhöhnung der Opfer. Dieser Zynismus hat seinen Ausdruck in Madeleine Albrights Antwort auf Fragen nach dem Tod von zehntausenden Kindern als Folge der Wirtschaftssanktionen gegen den Irak gefunden: »Das ist der Preis, den wir zahlen müssen«. Jetzt ist eine erste Rechnung zugestellt und eingetrieben worden." http://www.de.indymedia.org/2001/09/8156.html
Als weitere Anregung zu Einschätzungen, die über eine Feststellung des "menschenverachtenden" "faschistischen", "terroristischen" oder "nicht emanzipatorischen" Charakters der Angriffe hinausgehen und dennoch nicht in verschwörungstheoretische Spekulationen verfallen seien folgende Texte ans Herz gelegt:
1) Americans, think why you are hated ...
2) Krieg ist Frieden
3) Die Sprache der Unterdrückten
4) Der Boomerang kehrt zurück
5) Die Vorgeschichte der Anschläge von New York und Washington wird verschwiegen
Krieg ist Sozialer Angriff
Bereits in den ersten Aufrufen nach den Angriffen des 11.09.2001 wurde die Kriegsmobilisierung in den USA und in Westeuropa in eine komplexe Strategie von Machtpolitik zur Durchsetzung der "Neuen Weltordnung" eingeordnet. So kritisierte das Antikriegsplenum Köln Anfang Oktober 2001 die "imperialistische Generalmobilmachung" und schätzte in Bezug auf die ausbrechende Terrorismuspanik eine: "Es ist (leider) nicht die NATO, die bedroht ist, sondern es ist die NATO, die weltweit durch Militäreinsätze, Interventionen und Krieg die mörderische Weltwirtschaftsordnung aufrecht erhält." http://www.nadir.org/nadir/aktuell/2001/10/04/6541.html
Das Überregionale Forum gegen den Krieg schrieb bereits am 14. September: "Die Anschläge auf das WTC und das Pentagon haben eine bislang ungekannte
Mobilisierung der "zivilisierten westlichen Welt" gegen alles hervorgebracht, was bisher einer weltweiten Verwertung entgegensteht." http://www.nadir.org/nadir/aktuell/2001/09/14/6104.html
Dabei lassen sich vor allem folgende drei zentrale Interessenbereiche der imperialistischen Mobilmachung unterscheiden: geostrategische Interessen, counterstrategische Intentionen und eine ordnungspolitische Verschärfung
geostrategische Interessen, die sowohl die langfristige Sicherung von Rohstoffen und Transportrouten als auch die Militärpräsenz in geopolitischen Schlüssellagen umfassen
Ausführlicher dazu:
1) Der Tod schleicht sich wieder an (von Christoph Spehr) bietet eine guten Überblick über die bestehen Rohstoffe, Transportwege und die Geschichte von imperialistischer Eroberungsversuchen in der Region
2) Lohn der Angst - Das Geschäft mit dem Öl (Übersetzung aus Il Manifesto) präsentiert die erstaunliche Offenheit des Ölmanagers John J. Maresca (Vizepräsidenten für internationale Beziehungen der Unocal, eine der wichtigsten weltweit im Energiesektor operierenden Kompanien) vor dem amerikanischen Kongress 1998: "Solange es in Kabul keine Regierung gibt, die das Vertrauen der USA und unserer Ölgesellschaft genießt, wird der Bau dieser Pipeline nicht möglich sein!"
3) The New Great Game, unter diesem Stichwort lassen sich einige Hinweise der letzten Jahre finden, die verdeutlichen, dass ein Krieg in Zentralasien bereits lange vor dem 11.09.2001 geplant wurde. So schrieb David Tucker, damaliger stellvertretender Direktor im Büro des Staatssekretärs im US-Verteidigungsministerium schon 1998, in "Parameters", Zeitschrift des US-War-College, es gebe für die USA eigentlich nur eine einzige Region, um die es sich zu kämpfen lohne: das Gebiet vom Persischen Golf nördlich bis zum Kaspischen Meer und östlich bis nach Zentralasien. Auch der britische Guardian berichtet bereits im März diesen Jahres von den imperialen Rivalitäten in der gesamten zentralasiatischen Region http://www.guardian.co.uk/Archive/Article/0,4273,4146099,00.html
4) Der Krieg in Afghanistan wurde lange geplant Aus Insiderberichten, die in britischen, französischen und indischen Medien erschienen, geht hervor, dass Vertreter der amerikanischen Regierung Afghanistan bereits im Sommer dieses Jahres einen Krieg angedroht haben. In diesem Rahmen, so die Berichte, sei bereits im Juli angekündigt worden, dass "die Militäraktion gegebenenfalls vor dem ersten Schnee in Afghanistan, spätestens Mitte Oktober stattfinden werde". Tatsächlich begann die Bush-Regierung am 7. Oktober mit der Bombardierung des bedauernswerten verarmten Landes. Die Bodenangriffe der Sondereinsatztruppen der USA begannen am 19. Oktober. http://www.de.indymedia.org/2001/11/11346.html
counterstrategische Intentionen, die sich als "Koalition gegen den Terrorismus" gegen viele progressive aber auch politisch unberechenbare Volksbewegungen richtet. Hierzu ordnet sich auch die verschärfte Kriminalisierung der Antiglobalisierungsbewegung nach den angriffen auf Washington und New York ein.
1) Eine sogenannte "Terrorismus-Liste" aus dem US-Verteidigungsministeriumam vermittelt einen ganz guten Eindruck, wer mit dem "internationalen und langen Kampf gegen den Terrorismus" gemeint ist: neben einigen religös-fundamentalistischen Organisationen auch reihen weise Befreiungsbewegungen in fast allen Regionen der Welt http://www.de.indymedia.org/2001/10/8844.html
2) US-Antiterrorismus nimmt Zapatisten in Visier John Ross, Mexico Barbaro http://www.de.indymedia.org/2001/10/8767.html
3) US State Department stellt militaerische Aktionen gegen kolumbianische Guerilla in Aussicht http://www.de.indymedia.org/2001/11/10046.html
4) Das eine Repression gegen Befreiungsbewegungen im globalen Kontext
nichts Neues ist, wird in folgendem Beitrag deutlich: "Inside U.S. Counterinsurgency: A Soldier Speaks" Stan Goff ein U.S. Militärausbilder von Spezialkräften verschiedenen Regieme oder Konterrevolutionären Armeen berichtet aus den letzten zwanzig Jahren dieser Aussenpolitik. Seine "Stationen": Vietnam, Guatemala, El Salvador, Grenada, Panama, Colombia, Peru, Venezuela,Honduras, Somalia und Haiti. (trotz des unerträglich soldatischen Tons lesenswert!) http://www.consortiumnews.com/122299a.html
ordnungspolitische Verschärfung nach Innen, die von der Durchsetzung rassistischer Einwanderungsgesetze über den Abbau bisheriger Grundrechte und die Aufstockung des Repressionsapparates reicht.
1) Anti-Terror-Paket II Maßnahmenkatalog
http://www.de.indymedia.org/2001/12/11649.html
http://www.bmi.bund.de/dokumente/Pressemitteilung/ix_61128.htm
2)Gewaltfreier Inlandsextremismus im Visier Der Innenausschuss des Bundestags will offensichtlich die Gunst der Stunde nutzen und das Antiterrorpaket II von Schily noch verschärfen
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/11199/1.html
3) Rasterfahndung
http://www.de.indymedia.org/2001/11/11230.html
Die Diskussionen um die Hintergründe und Interessen des Nato-Krieges gegen Afghanistan gehen inzwischen über eine verkürzte Sicht des Krieges als Bomben hinaus und stellen mit der Dynamik einer "schöpferischen Zerstörung" die sozialen Dimension in den Mittelpunkt. http://www.materialien.org/texte/antiterrorismus.html
Weniger die Zerstörung als vielmehr eine neues Nachkriegsarrangement sollen die Verwertung in bisher davon ausgenommene Teilen der Welt ermöglichen oder verbessern. Dabei werden "Einwegregime" in den einzelnen Regionen je nach Bedarf gewechselt, unterstützt oder zum Feind erklärt. http://www.materialien.org/texte/krieg2001.html
Andere Einschätzungen wie die des Überregionalen Forums Genova Libera stellen die ideologischen und propagandistischen der neokolonialen Kriegsrhetorik in den Vordergrund ihrer Analyse: "Seit langem wurde die Definitionsmacht über Begriffe wie Freiheit, Zivilisation oder Gerechtigkeit nicht mehr so schamlos gebraucht wie in den letzten Wochen. Während abendländische, also christlich geprägte Werte beschworen werden, die zu verteidigen es gelte, knüpft die Rhetorik der Bushs, Blairs, Schröders und Chiracs nahtlos an Denkfiguren ausgerechnet aus den finstersten Zeiten der Geschichte des Christentums an: Da wird zu Kreuzzügen aufgerufen, zum Kampf gegen "das Böse", also gegen teuflische Mächte, die keiner näheren Beschreibung bedürfen, die "Zivilisation" wird gegen eine nicht weiter definierte Gegenwelt ins Feld geführt - es bleibt uns überlassen, ob wir uns wie zu Kolonialzeiten "Wilde" oder aber lieber "Barbaren" vorstellen wollen. Wenige Wochen nach den "Entschuldigungen" von Joschka Fischer und anderen für Kolonialismus und Sklaverei auf der Antirassismuskonferenz von Durban scheint jedes kritische Bewußtsein über die Ursachen der ökonomischen, militärischen und auch kulturellen Dominanz des Westens wie weggewischt zu sein." http://www.de.indymedia.org/2001/12/11888.html
3 Aktionsberichte
Protest und Widerstand gegen den Krieg
Was die Antkriegsmobilsierung angeht, können wir uns an den War Resisters International orientieren: "Protest ist nicht genug ... wir müssen uns selbst fragen, welche Bedeutung Protest als einziges Mittel hat - nette Demonstrationen durch unsere Städte und Petitionen an die Machthabenden - wenn gleichzeitig die Militärmaschine wie geschmiert läuft..." http://www.de.indymedia.org/2001/11/10983.html
Die letzten Wochen sind trotz der oftmals frustigen Einschätzungen doch von einer Fülle an Protestaktionen geprägt gewesen. Im folgenden dokumentieren wir Aktionsformen, die von der Harmlosigkeit der leider üblich gewordenen Proteste abweichen oder durch ihren Einfallsreichtum brillierten.
Kriegsdienstverweigerungen
Steigende Zahl der Wehrdienstverweigerer
http://www.de.indymedia.org/2001/11/10085.html
Arrest gegen Berliner Kriegsdiensverweigerer
http://www.de.indymedia.org/2001/11/10783.html
Protest gegen Prozess gegen Antimilitaristen in Kiel
Aufruf zum ersten Prozesstag:
Bericht vom 1. Prozesstag
Bericht vom 2. Prozesstag
Bericht vom 3. Prozesstag
Blockaden und Besetzungen gegen die Kriegsmaschine und Kriegstreiber
Blockade des Kreiswehrsatzamtes Freiburg
http://www.de.indymedia.org/2001/11/11408.html
Bezetzung des Wahlkreisbüros von Jürgen Trittin in Göttingen
http://www.de.indymedia.org/2001/11/10980.html
Störung einer Parteiveranstaltung der Grünen in Düsseldorf
http://www.duesseldorf-today.rp-online.de/news/2001-1207/gruene.shtml
http://de.indymedia.org/2001/12/11921.html
Einsatz von Farbe und Transparente gegen Kriegstreiber
Farbangriff auf Grünes Büro in Duisburg
http://www.de.indymedia.org/2001/11/11476.html
Unter dem Motto "Kapitalismus tötet! Stoppt den Krieg!" gab es in Kiel diverse Farbaktionen am Weltwirtschaftsinstitut, dem Kreiswehrersatzamt, den Landesbüros von SPD und B 90/Die Grünen sowie der Hauptstelle der Deutsche Bank
http://www.de.indymedia.org/2001/11/11015.html
Antikriegstransparent auf der Kundgebung des Bundeswehrverbandes und der Gewerkschaft der Polizei in Berlin
http://www.de.indymedia.org/2001/11/11395.html
Ein riesiges Transparent "Freiheit stirbt mit Sicherheit - Krieg ist Frieden" wurde am Reichtages plaziert
http://www.de.indymedia.org/2001/12/12432.html
Schöner demonstrieren
Weiße Masken gegen den Krieg - angekündigtes und kollektive offensive Auslegung des Demonstrationsrechtes http://www.de.indymedia.org/2001/09/7747.html
http://www.de.indymedia.org/2001/09/7920.html
Demonstration in Düsseldorf: mit Weinachstmasken gegen den Überwachungsstaat http://www.de.indymedia.org/2001/12/12763.html
wo anders gefunden
Blockade des Britisch Military Joint Forces Headquarter in Northwood
http://www.de.indymedia.org/2001/12/12128.html
4 Aktionsaufrufe und Mobilisierungen
Düsseldorf am 9.12.2001 Freiheit stirbt mit Sicherheit! Aufruf des Antifa KOK Düsseldorf zur Demo gegen "Rasterfahndung und Sicherheitswahn".
http://www.de.indymedia.org/2001/11/11189.html
Aufruf zum SchülerInnenStreik am 05.12.2001
http://www.de.indymedia.org/2001/11/11056.html
Berlin 10.12.2001 Protestkundgebung vor dem Bundesinnenministerium Kein rassistisches Zuwanderungsgesetz! keine Sicherheitsgesetze! Mit diesen Forderungen mobilisiert ein Antikriegsbündnis zum Innenministerium in Berlin am Montag: 10.12.2001, 14.00 Uhr, Alt-Moabit 101d, U-Bahn Turmstr.
Potsdam 13.12.2001 Aufruf zur landesweiten brandenburgischen SchülerInnen und Studierenden Protestdemonstration gegen den Krieg am am Platz der Einheit um 11:00 Uhr
http://www.de.indymedia.org/2001/11/11370.html
München 1. bis 3. Februar: Gegen die Sicherheitskonferenz!
Aufruf des Anti-Nato-Komitees zum Kampf gegen die "Sicherheitskonferenz" in München. Auf zum Widerstand gegen Krieg und Kapital! Die Aktionen gegen die Sicherheitskonferenz werden-wenn wir uns Mühe geben- ein Kristallisationspunkt für die Antikriegsbewegung, in der Tradition des Widerstandes von Prag, Davos und Genua!
http://www.de.indymedia.org/2001/11/11413.html
Nato-Konferenz-Muenchen-Newsletter 1
http://www.de.indymedia.org/2001/11/11370.html
Berlin/Potsdam 26.01.2002 - STOP WAR Ankündigung für den antimilitaristischen Konvoi zur "Tatortbesichtigung" von verschiedenen Kriegstreibern in Berlin und Potsdam
http://www.de.indymedia.org/2001/12/12371.html
Wilhelmshaven, 29.12.2001 - Großdemonstration gegen den Kriegseinsatz der Bundesmarine
http://www.de.indymedia.org/2001/12/12654.html
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