Polizeirazzia in Büroräumen der Jungen Linken
Daten und Arbeitsgeräte von Aktivisten gegen Bundeswehrgelöbnis beschlagnahmt
Die JungdemokratInnen/Junge Linke, die maßgeblich an
Organisation und Umsetzung der Protestaktionen gegen das
Rekrutengelöbnis der Bundeswehr am 20. Juli in Berlin beteiligt
waren, haben ihre Landesgeschäftsstelle in den Räumen des Neuen
Forums Berlin. Am Freitag abend verschaffte sich die Polizei
gewaltsam Zutritt zu den Büroräumen. Angeblich suchte man
gefälschte Eintrittskarten zur Gelöbnisfeier. Da man in dieser
Hinsicht jedoch nicht fündig wurde, konfiszierte man kurzerhand
nicht nur den Computer, sondern auch den Drucker der
Jugendorganisation.
Andreas Kruse vom Landesvorstand des Neuen Forums Berlin
erklärte am Montag gegenüber jW, noch immer habe man keine
Information geschweige denn eine Begründung für die
Durchsuchung bekommen. Es sei auch niemand als Zeuge zur
vorgenommenen Durchsuchung der Räume gerufen worden.
Gegenwärtig habe das Neue Forum nicht einmal die Möglichkeit,
die eigenen Büroräume zu betreten, da die Polizei das Türschloß
ausgewechselt habe. Die politische Gruppe um den ehemaligen
DDR-Oppositionellen Reinhard Schult hat sich ausdrücklich mit
den Aktionen der Jugendlichen gegen das Gelöbnis solidarisch
erklärt und eine Anzeige gegen die Polizei wegen
Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung angekündigt.
Der Pressesprecher im Berliner Polizeipräsidium, Hans-Jörg
Draeger, sagte auf jW-Anfrage, die Aktion sei dadurch
gerechtfertigt, daß in den Räumen und in den Computerdateien der
JungdemokratInnen/Junge Linke Hinweise auf die Organisation der
Gelöbnisproteste zu vermuten gewesen seien. Eine Information der
Büromieter sei in solchen Fällen rechtlich nicht vorgeschrieben.
Auch Justizpressesprecherin Michaela Blume bekräftigte, daß die
Durchsuchung »absolut legal« gewesen und auf einen vom Gericht
erlassenen Durchsuchungsbefehl hin erfolgt sei. Sie sei Bestandteil
eines Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft »wegen
mutmaßlicher Urkundenfälschung und Hausfriedensbruchs«. Zu
den konkreten Vorwürfen gegen die JungdemokratInnen/Junge
Linke wollte sich Blume unter Hinweis auf eine mögliche
Behinderung des laufenden Verfahrens jedoch nicht äußern.
Grundlage der Ermittlungen sei das unberechtigte Betreten eines
»möglicherweise befriedeten Bereichs« durch Mitglieder
der Gruppe (Foto).
Das Neue Forum Berlin betonte, gewaltfreie Aktionen wie die
der Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär und
der JungdemokratInnen/Junge Linke seien heute »notwendiger
denn je gerade nach dem Angriffskrieg der
NATO und der rot-grünen Bundeswehr auf Jugoslawien«. Das
Neue Forum stehe auch heute in Opposition »zum Militarismus
und zur Militarisierung der Gesellschaft«.
(jW/AP-Foto: Jockel Finck)
(http://www.jungewelt.de/)