Deutschland wiedergutgelobt
Die Bundeswehr wird am 20. Juli 1999 in Berlin ein öffentliches Gelöbnis
am Bendlerblock durchführen. Nach den Worten von Kriegsminister Scharping
steht die Bundeswehr in der "Tradition des militärischen Widerstandes"
der Wehrmacht.
Am 20. Juli 1944 hatten Wehrmachtsoffiziere vom Bendlerblock aus - dem
damaligen Oberkommando der Wehrmacht - einen Putschversuch gegen Hitler
unternommen. Das Attentat sollte der Nachwelt zeigen, daß es in Deutschland
auch "Gerechte" gab. Der Mythos vom "Aufstand des Gewissens" sollte vor
allem die Ehre der deutschen Nation retten.
Die Attentäter hatten jahrelang ein mörderisches System mitgetragen.
Was sie an den Nazis am meisten störte, war, daß sie den Krieg
verloren. Die Putschoffiziere und ihre bürgerlichen Verbündeten
stammten zum Großteil aus demokratiefeindlichen und völkisch-autoritären
Parteien und Verbänden. Der als Regierungschef vorgesehene Carl Goerdeler
war vor 1933 Funktionsträger der antisemitischen Deutschnationalen
Volkspartei (DNVP), die an der Machtübertragung an Hitler maßgeblich
beteiligt war. Das Regierungsprogramm der Attentäter sah nicht einmal
einen sofortigen Waffenstillstand vor. Nach wie vor sollte das Deutsche
Reich "verteidigt" werden.
Dieser "Widerstand" von rechts oben wird in der BRD zur Traditionsbildung
benutzt und soll der Bundesmehr die Möglichkeit geben, sich auf "ehrenhafte"
Teile der Wehrmacht zu berufen. Selbst hiergegen gibt es Widerstand in
der Bundeswehr. Noch immer tragen Dutzende von Kasernen die Namen von Hitlergenerälen,
noch immer wird in Traditionsräumen die Wehrmacht glorifiziert.
Mit dem Gelöbnis versucht die Bundesregierung, das Geschichtsbild
der Truppe zu modernisieren. Der "Aufstand des Gewissens" ist heute kriegswichtig
geworden - der Aufstand des Gewissens gegen den Pazifismus. Die schlaflosen
Nächte der Angelika Beer waren zur Durchsetzung des Krieges gegen
Jugoslawien genauso wichtig wie die Massakerbilder Scharpings.
Deutschland ist in diesen Krieg nicht hineingeschlittert. Aus dem Grundsatz,
daß von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf, ist die Verpflichtung
der Deutschen geworden, weltweit den gerechten Krieg zu führen - wegen,
nicht trotz Ausschwitz. Die BRD will militärisch wieder eine wichtige
Rolle spielen. Zu diesem Zweck wird die Bundeswehr zu einer Interventionsarmee
umgebaut, die weltweit einsetzbar sein soll. Die Militarisierung der Außenpolitik
wird propagandistisch untermauert. Der Sicherung der Menschenrechte kommt
hierbei eine hohe Bedeutung zu - als Vorwand für Kriegseinsätze,
deren wahrer Zeck es ist, die globalen Kräfteverhältnisse gewaltsam
zugunsten der BRD zu ändern.
Mit dem Gelöbnis werden die Soldaten auf ihre Aufgabe als Teil einer
zukünftigen Interventionsarmee eingeschworen. Der Selbstbeweihräucherung
künftiger Mörder stellen wir unseren Protest entgegen. Wer beim
Anblickt einer Truppenfahne stramm steht, wem es beim Ertönen der
Nationalhymne heilig zumute wird, von dem geht Gefahr aus!
Deutschland ist wieder Großmacht - Großmachtpolitik verhindert
Frieden!
Wir rufen dazu auf, das Gelöbnis am
20. Juli phantasievoll zu stören!
Demonstration Di. 20 Juli'99 - Auftakt: Kurfürstenstraße, 15:30
Uhr
Antifaschistische Aktion Berlin; Anarchist Black Cross Berlin; Antifa Jugendfront; Antifa Weißensee;
A.R.D.; Autonomes Plenum gegen den Krieg; AZB; BUND Jugend; Büro für antimilitaristische Maßnahmen BAMM;
Demokratische Linke; Deutsche Friedensgesellschaft- Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen; Frauen/Lesben Plenum gegen den NATO-Krieg;
Gegeninformationsbüro; Gruppe Internationale Berlin; Jugend Antifaschistisches Koordinations Bündnis Jakob;
Jugend BO 22 der PDS Falkensee; Jungdemokratinnen/Junge Linke; Kampagne gegen Wehpflicht, Zwangsdienste und Militär;
Linksalternatives Bündnis; Mütter gegen den Krieg; RAN.
Kontakt-Tel. 610 74 401 oder 698 15 826
ViSd.P. Karl Bender, Bethaniendamm 4, 10999 Berlin. |