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echelon - NSA hoert alles

Der größte Bruder gesucht DER STANDARD
Samstag/Sonntag, 14./15. August 1999, Seite 9

"Preis" soll Verletzungen der Privatsphäre an den Pranger stellen

Austria Inland - Heidi Weinhäupl

Wien - Der "Big Brother Award Austria '99" soll Personen, Organisationen und Behörden an den Pranger stellen, die sich "Verdienste" um die Einschränkung oder Gefährdung der Privatsphäre erworben haben. Die Veranstalter ARGE Daten, quintessenz, public netbase und Vibe wollen den Anti-Preis am 26. Oktober überreichen. "Große Brüder" wurden voriges Jahr bereits in Großbritannien und den USA vergeben.

"Die heutigen technischen Möglichkeiten zum Sammeln und Auswerten von Informationen hat - wie zum Beispiel bei der Rasterfahndung - verführen leicht zum Missbrauch", warnt Harald Wosihnoj von der Bürgerrechtsorganisation quintessenz.

Der Pressesprecher des Innenministeriums, Rudolf Gollia, hält die Rasterfahndungs-Kontrollmechanismen für ausreichend: "Das Gesetz zur Rasterfahndung - also dem Suchen nach elektronischen Daten von verdächtigen Personen - trat am ersten Oktober 1997 in Kraft. Bis heute wurde diese Methode nicht angewendet." Und gelauscht hätten die Ermittlungsbehörden erst einmal - bei der erfolgreichen Drogendealer-Aktion "Operation Spring".

Lauschangriff

Über diesen Lauschangriff meinte der Abgeordnete Thomas Barmüller vom Liberalen Forum: "Zunächst muss man abwarten, wie viele der Verdächtigen wirklich angeklagt werden." Von den 88 Verdächtigen, die nach der "Operation Spring" dem Gericht überstellt wurden, kamen 24 wieder frei. Barmüller befürwortet jedenfalls eine Berichtspflicht: "In den USA müssen die Untersuchungsrichter den abgehörten Personen wenigstens berichten, dass sie abgehört wurden und ob etwas Belastendes dabei entdeckt wurde."

Für Harald Wosihnoj birgt vor allem die vollautomatische Überwachung Gefahren, wie zum Beispiel das Abhören nach Schlüsselwörtern: "Wenn alle gescannt werden, ist jeder verdächtig. Dann gilt die Unschuldsvermutung de facto nicht mehr - der Mensch mutiert zum biologischen Bewegungsmelder."

Der Bürgerrechtler warnt auch vor der Geschäftemacherei mit persönlichen Daten: "Man trifft immer öfter eine enthemmte Lust nach Kundenprofilen an - die Privatsphäre wird nur noch als Hemmschuh für den elektronischen Handel gesehen." Hier gehe es aber um ein Grundrecht jedes Bürgers, das in der Menschenrechtskonvention festgelegt ist. Der immer wieder zitierte Satz "Wer nichts Böses tut, hat eh nichts zu verbergen" belegt für Wosihnoj auf jeden Fall einen der oberen Plätze in der Kategorie der dümmsten Aussagen: "Das glaube ich nämlich nur solchen Leuten, die splitternackt mit einem tätowierten Abbild ihrer Steuererklärung in einem Ortszentrum flanieren."

Informationen zum Big Brother Award Austria unter "www.bigbrother.awards.at", zu seinen internationalen Brüdern unter www.bigbrotherawards.org

DER STANDARD, 14./15. August 1999


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"Wir waren völlig überrascht vom überwältigenden Echo seitens der Medien und des Publikums", sagt Simon Davies, Initiator und Vorsitzender von Privacy International , eine der renommiertesten Datenschutzgruppen im Internet.

Die Verleihung der Big Brother Awards am Montag abends in London wurde von einem Eklat begleitet, als auf dem Videoscreen Szenen vom Vormittag gezeigt wurden. Ein unter dem Namen Richard Makepeace bekannter Aktivist, der den Preis - einen Stiefel, der den Kopf eines Menschen tritt - im Department of Trade and Industry (DTI) überreichen wollte, wurde von Polizeibeamten an den Haaren aus den Räumen der ministeriellen Preisträger entfernt.

http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/1613/1.html

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