abc berlin - archiv rh - rote hilfe - newsletter / 14.11.2003 Prozeßbeobachtung - §129a Verfahren gegen die Linke
Prozessbeobachtung 6. Prozesstag Auch an diesem Tag musste Richter Hennig zu allererst wieder seine Position im Gerichtssaal festklopfen und belehrte Daniel und Marco darüber, dass, sollten sie weiter die "Spielregeln" des Gerichts missachten und während der Verhandlungen miteinander reden, sie durchaus mit Bestrafung zu rechnen hätten. Sofort danach gingen die ZeugInnenvernehmungen los. Als erste Zeugin wurde eine Landtagsabgeordnete, danach die Verlobte von Carsten vernommen. Hennig stellte sehr konkrete Fragen zu Datum und Rahmen des eigentlichen Verlöbnisses, fragte, wann die beiden heiraten wollten usw. Dann machte er ihr noch mal deutlich, dass Verlöbnisse nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollten: "Anständige Leute" würden nämlich nach Ende des Prozesses und mögl. Ende der Beziehung nicht ihr Wissen gegeneinander nutzen, aber könne man das in diesem Fall erwarten - offene Fragen des Richter Hennig!? Der Senat erkannte jedenfalls das Verlöbnis nicht an, weshalb die Verlobte nun noch einmal zum nächsten Mittwoch vorgeladen wurde und in diesem Fall kein Zeugnisverweigerungsrecht nach §52 gelten machen kann. Auch die anderen Verlobten mussten sich ähnlichen Fragen aussetzen. Nach Befragung der Eltern zu diesem konkreten Punkt von Daniel und Marco wurde jedoch deren Verlobung anerkannt und sie konnten ohne Probleme als Angehörige die Aussage verweigern. Wenig später wurde die Sachverständige des LKA vernommen, die die Fingerabdrücke auf dem Paket gesichert und ausgewertet hat. Allein auf dem Stückchen, was wegen der Größe des Pakets zur Untersuchung herausgetrennt wurde, befanden sich noch zwei weitere Abdrücke. Auf dem restlichen Paket befanden sich ebenfalls weitere Abdrücke, die aber nicht verwertbar waren. Klargestellt werden konnte nur, dass die anderen Abdrücke nicht von Daniel stammen. Nachdem der Abdruck von Daniel gefunden wurde, wurden die anderen Spuren auch nicht mehr verfolgt, da die Behörden dafür ein weiteres Gutachten hätten anfordern müssen. Der Staatsanwalt wies angesichts dieser unangenehmen Aussage ausdrücklich und wiederholt darauf hin, dass er von den anderen Spuren ja nichts wusste, weil davon nichts im Gutachten stand. Deshalb konnte er eben auch nicht in diese Richtung ermitteln. Nach der Mittagspause wurden etliche Notizzettel mit Autokennzeichen, Polizeicodes, dem Schriftzug KGW usw. vorgelegt und diverse Texte der Militanten Gruppe (mg) aus der Interim zum Thema Militanz sowie die Auflösungserklärung, die bei Marco gefunden wurde, verlesen. Dazwischen wurden vier weitere Zeugen, ebenfalls Beschuldigte, vernommen, die aber einerseits nur gefragt wurden, ob ihnen die Täter der Brandanschläge bekannt seien und woher sie die Angeklagten kennen, und andererseits mit Verweis auf §55 (Selbstbelastung) die Aussagen verweigern konnten. Eine seltsame Begebenheit in diesem Zusammenhang war die Vernehmung des einen Zeugen, der nach gerichtlicher Meinung das Zeugnisverweigerungsrecht nach §55 nutzen könnte, da er selbst zu den Beschuldigten zähle. Das hat der Staatsanwalt zwar verneint - gegen ihn würde nicht mehr ermittelt -, dennoch hatte auch er keine Fragen. Kurz vor der letzten Zeugenvernehmung wollte Hennig dann das Gedächtnisprotokoll der Polizeivernehmung B.s verlesen lassen. Dies ist v.a. deshalb eigenartig, da die Aussage im Polizeirevier selbst wegen verbotener Verhörmethoden vom Gericht nicht gewertet wird. Die RechtsanwältInnen legten jedenfalls Widerspruch ein - u.a. deshalb, weil dieses Protokoll zu den Verteidigerunterlagen zähle und es auch keine neue Aussage sondern nur die Reflexion des Geschehens auf dem Revier sei. Der Staatsanwalt sah das etwas anders, er meinte dieses Protokoll sein verwertbar, da die Erstellung nicht vom Gericht "sondern von seinen Freunden" veranlasst wurde, denen er es später sogar gebracht hat. Außerdem hätte er keinen Widerspruch gegen die Beschlagnahme des Protokolls eingelegt!? Die Entscheidung über die Zulassung des Gedächtnisprotokolls will der Senat bis zum nächsten Dienstag treffen. Danach war der Verhandlungstag im Prinzip auch beendet. Es wurde nur noch der weitere Verfahrensablauf (vor-)abgesprochen. Demnach sind am kommenden Dienstag und Mittwoch weitere Vernehmungen von ZeugInnen aus der Szene sowie Leute LKA und PD, die die Durchsuchungen vorgenommen haben. Nach Meinung des Gerichts sollte bis Mittwochmittag die Beweisaufnahme beendet sein, so dass Staatsanwalt und RechtsanwältInnen zum 25.11. bzw. 26.11. ihre Plädoyers vorbereiten können. Dies hängt nach Meinung der RAs allerdings u.a. davon ab, wie die Beweislage am Ende des 19. November aussieht. Möglichweise müssen dann von ihrer Seite noch neue Beweise eingebracht werden, bspw. gäbe es - der Anwalt von Marco hat es getestet - 17.000 Treffer, wenn man bei Google die Worte soziale, Revolution, weltweit eingibt. Im Zweifel müssen halt all diese Dokumente vorgelesen werden, wenn es der Entlastung von Marco, Carsten und Daniel dient. [top]
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