abc berlin - archiv jW-interview mit Ilse Schwipper aus 'junge Welt' 12.07.2003 Solidarität mit den Gefangenen in der Türkei
Solidarität mit den Gefangenen in der Türkei:
Warum unterstützen Sie den Hungerstreik? jW sprach mit Ilse Schwipper. Sie saß in der Bundesrepublik über sechs Jahre in Isolationshaft. Ihr wurde Beteiligung an der Ermordung des Berliner Verfassungsschutz-Mitarbeiters Ullrich Schmücker durch das Kommando »Schwarzer Juni« aus der »Bewegung 2. Juni« unterstellt. Nach 17 Jahren endete der »Schmücker-Prozeß« im Januar 1991 mit der Einstellung des Verfahrens. Sie beteiligt sich an dem Hungerstreik politischer Gefangener in der Türkei F:Seit drei Jahren dauert der Widerstand der politischen Gefangenen in der Türkei an, die sich gegen die Isolationshaft wehren. Wie ist ihre aktuelle Situation und wie viele Gefangene befinden sich gegenwärtig in Haft?Nachdem sich vor kurzem erneut eine Gruppe angeschlossen hat, befinden sich derzeit über 200 Menschen im Hungerstreik gegen die menschenunwürdige Isolationshaft. Dieser politische Konflikt wird in Europa weitgehend vergeschwiegen. Dabei ist es immens wichtig, in dem Fall Öffentlichkeit zu schaffen, weil in der Türkei neuerdings Gefängnisse gebaut werden, in denen nicht nur Isolationshaft angewendet wird, sondern auch unterirdische Etagen eingeplant sind. Über den Sinn dieser Einrichtungen bestehen in Anbetracht der Erfahrungen mit dem türkischen Staat große Befürchtungen. F:Ab heute soll in Deutschland und in anderen Ländern eine öffentliche Kampagne zur Unterstützung der Hungerstreikenden starten. Welche Länder werden sich daran beteiligen?Es gibt Unterstützer auch in den Niederlanden und in Belgien. Die Aktionen in Deutschland werden sich auf Hamburg und Berlin beschränken. F:In Berlin werden Sie sich selber an einem Hungerstreik beteiligen. Wie lange wird die Aktion gehen?Dieser Hungerstreik ist auf eine Woche begrenzt. Ziel ist es, eine breite Öffentlichkeit herzustellen und möglichst viele Menschen einzubinden. Die Aktion ist mit der Forderung verbunden, die auch als »weiße Folter« bekannte Isolationshaft weltweit abzuschaffen. Auch in Deutschland muß das Thema im weiteren Sinne in die öffentliche Debatte eingebracht werden, weil auch hier noch immer politische Gefangene inhaftiert sind. F:In der Türkei sind inzwischen über 107 Tote durch den Hungerstreik beziehungsweise das sogenannte Todesfasten zu beklagen. Sollte man nicht eigentlich für das Leben kämpfen?Es ist richtig, für das Leben und für eine gesellschaftliche Veränderung zu kämpfen, die ein besseres Leben ermöglicht. Weil ich selber aber in Isolationshaft gesessen habe, kann ich den Kampf der politischen Gefangenen in der Türkei sehr gut verstehen. Lebenslange Haft unter diesen Bedingungen und in Zellen, die eher Särge sind, setzt die Hemmschwelle für eine solche Aktion tiefer. Sie wollen lieber kämpfend sterben, als langsam durch eine solche Folter. Das ist für mich Grund genug, an diesem Hungerstreik teilzunehmen. Zudem war ich im vergangenen November in der Türkei und habe dort zwei Frauen kennengelernt, die danach im »Todesfasten« gestorben sind. Ich habe zu diesen beiden Frauen innerhalb kürzester Zeit ein sehr emotionales Verhältnis gehabt. Darum fühle ich mich gewissermaßen auch verpflichtet, ihren Kampf ein Stück weit fortzusetzen. (Interview: Ulla Jelpke) |
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