FÜR DIE ANARCHIE!
*ANARCHIST BLACK CROSS DOKUMENTATION:
mail von TAYAD-komitee hamburg (www.tayad.de - info@tayad.de)


NO WAR! NO PRISON! NO PASARAN!
ISOLATIONSGEFÄNGNISSE in der Türkei
TAYAD-komitee hamburg:
"F-TYP GEFÄNGNISSE:
Zellen, Isolation, Folter und Rechtsberaubungen

Am 19. Dezember des Jahres 2000 wurde in 20 Gefängnissen der Türkei die ironisch betitelte "Rückkehr zum Leben"-Operation durchgeführt, bei der 28 Gefangene und 2 Soldaten ihr Leben verloren hatten und hunderte Gefangene verletzt wurden. Das Ergebnis der Operation war die Verlegung der Gefangenen in die F-Typ Gefängnisse von Edirne, Tekirdag, Kandira und Sincan, obwohl diese Gefängnisse noch nicht fertiggestellt, eingerichtet und die Diskussionen um diese Gefängnisse noch nicht beendet waren. Nach annähernd drei Jahren führen hunderte politische und soziale Gefangene unter harten Isolationshaftbedingungen einen Überlebenskampf in den F-Typ Gefängnissen von Edirne, Tekirdag Nr. 1, Kocaeli/ Kandira Nr. 1, Sincan Nr. 1, Bolu und Izmir/ Kiriklar. Das Todesfasten, welches am 20. Oktober des Jahres 2000 gegen die Eröffnung der F-Typ Gefängnisse begonnen wurde und seit dem 19. Dezember desselben Jahres für die Schließung der F-Typ Gefängnisse geführt wird, hat bis heute 107 Gefangenen das Leben gekostet. Über 500 Gefangene sind wegen des lang andauernden Hungerns und wegen der unfreiwilligen ärztlichen Behandlungen vom Wernicke Korsakoff Syndrom befallen, welches zu Gedächtnisverlust und Gleichgewichtsproblemen führt. Ein sozialer Gefangener im F-Typ Gefängnis von Sincan und ein politischer Gefangener im F-Typ Gefängnis von Kandira begingen Selbstmord, indem sie sich erhängten (offizielle Angaben zu diesen Fällen und gerichtliche Verfahren dauern noch an).

Nun sind die F-Typen der Name für Leid, Tod und Unterdrückung.
Nun sind die F-Typen die Beschreibung für Isolationshaft, Ungerechtigkeit und Folter.

A. EIN KURZER BLICK AUF DIE GEFÄNGNISSE NACH 1980

A.1. ISOLATIONSZELLEN UND ISOLATIONSPOLITIK SIND NICHTS NEUES

Nach dem Militärputsch von '80 wurden 2 Millionen Menschen festgenommen, tausende verhaftet, tausende wurden durch Militärgerichte zu tausenden von Jahren Haft verurteilt, Todesstrafen ausgesprochen und 50 Menschen gehängt.
Ungefähr 500 Gefangene sind zwischen den Jahren 1980 und 2000 durch die schlechten Lebens- und Gesundheitsbedingungen in den Gefängnissen, durch Todesfasten, durch Aufopferungsaktionen, Militäroperationen und ähnlichen Umständen ums Leben gekommen. 1991 wurde die gesetzliche Grundlage für den Übergang zum "Zellensystem" geschaffen, indem Artikel 16 des Gesetzes Nr. 3713 Gesetzeskraft erlangte. Ohne Zeit zu verlieren wurde durch aktive und blutige Operationen versucht, die Gefangenen in die Zellen zu stecken. Sofort nach der Verabschiedung dieses Gesetzes wurde das Spezialgefängnis von Eskisehir, das als "Folterzelle" bekannt war, wiedereröffnet, 206 Gefangene eingeliefert und am 22. Tag des Hungerstreiks und durch den Druck der Öffentlichkeit wieder geschlossen.
Artikel 16 des Gesetzes Nr. 3713, das Begründung für den Übergang zum Zellensystem liefert, diente ständig als gesetzliche Grundlage für Angriffe. Aber trotz dieses Artikels hat der Staat es 10 Jahre lang nicht geschafft, das Volk und die demokratischen Organisationen der Bevölkerung im Thema Zellensystem, das nicht nur die Isolierung der Verurteilten, sondern auch der Verhafteten voneinander und vom Leben vorsieht, zu überzeugen. Wegen der ständig erstarkenden Opposition gegen das Zellensystem und die Isolationshaft hat der Staat bei jedem seiner Versuche seine Schritte zurücknehmen müssen. Trotzdem haben jeder Tunnel, jeder Fluchtversuch und Vorfälle wie Streit in den Bereichen der sozialen oder politischen Gefangenen das Zellensystem zum Diskussionsthema gemacht. Es wurde versucht, das Verständnis zu etablieren, dass die Zellen und die Isolationshaft die einzige Alternative zu den Gemeinschaftszellen seien. Diesbezüglich haben die Medien mit dem Staat kooperiert, falsche Tatsachen veröffentlicht, Nachrichten verzerrt und Bemühungen daran gesetzt, sie in eine bestimmte Richtung zu lenken. Seit 1995 zeigen die rücksichtslosen Gefängnisangriffe des Staates eine zunehmende Beschleunigung: Am 21. September 1995 sind im Buca Gefängnis 3, am 04. Januar 1996 im Ümraniye Gefängnis 4, im selben Jahr sind im Diyarbakir Gefängnis 11, am 26. September sind im Ulucanlar Gefängnis von Ankara 10 und am 19. Dezember 2000 sind in allen Gefängnissen des Landes 28 Gefangene erschossen, zu Tode geprügelt, verbrannt oder durch Gas erstickt worden.
Durch den Beginn der Zwangsverlegungen in das Spezialgefängnis von Edirne haben politische Gefangene im Sommer des Jahres 1996 das Todesfasten begonnen und 12 Gefangene haben bei der Aktion, die 69 Tage gedauert hat, ihr Leben verloren. Am 69. Tag erklärte der damalige Justizminister Sevket KAZAN das Ende der Verlegungen in das Spezialgefängnis von Edirne und die Schließung der Zellen.

A.2. F-TYP ZELLENGEFÄNGNISSE

In den Jahren 1999-2000 haben das Justizministerium und andere staatliche Organe Projekte von Gefängnissen veröffentlicht, die F-Typen genannt werden und aus Zellen bestehen. Sie haben Aufträge erteilt und mit deren Bau begonnen. Es begannen neue Diskussionen und es wurde erklärt, dass der Widerstand beginnen werde.
In den Frühlings- und Sommertagen des Jahres 2000 wurde durch die Gefangenen und ihre Angehörigen, die ihre Menschen in den Gefängnissen niemals alleine gelassen haben, durch Menschenrechtsverteidiger und durch anteilnehmende Demokraten erklärt, dass die F-Typen Isolationshaft bedeuten, dass das Ziel Folter sei und dass auf diese Art und Weise es nicht möglich sei, die Gefangenen unterzubringen. Sie haben sich gegen die Zellen gestellt und erklärt, dass Menschen aus allen Teilen der Bevölkerung und die betroffenen Gefangenen, ihre Angehörigen, Ärztekammern, Architekten- und Ingenieurskammern, Anwaltskammern und ähnliche Organisationen sich mit den Staatsbeauftragten über die F-Typen auseinandersetzen müssen.
Die Forderung nach Diskussionen ist auf eine sehr harte Antwort gestoßen. Die Angehörigen wurden von der polizei mit Schlagstöcken geschlagen, in Gewahrsam genommen und verhaftet. Intellektuelle, Künstler, Ärzte und Anwälte, die diesbezüglich ihre Ansichten vorbringen wollten, wurden bedroht und ihre Reden wurden unterbunden.

A.3. TODESFASTEN

Anfang Dezember 2000 sind der Abgeordnete Prof. Dr. Mehmet BEKAROGLU von der Fazilet Partei (Tugendpartei), Kaya GÜVENC, Vorsitzender der TMMOB (Vereinigung der Architekten- und Ingenieurskammern der Türkei), Yücel SAYMAN, Vorsitzender der Istanbuler Anwaltskammer und Metin BAKKALCI, Vorsitzender der TTB (Türkische Ärzte Vereinigung), die vom Justizministerium beauftragt wurden, mit den Gefangenen in Gespräche getreten. Am 09. Dezember 2000 hat der Justizminister Hikmet Sami TÜRK öffentlich erklärt, dass die F-Typen nicht eröffnet werden würden, bevor nicht gespräche bei Versammlungen stattgefunden haben, wo alle Teile der bevölkerung vertreten sind. Nach dieser erklärung hat er alle Beauftragten, die Gespräche mit den Gefangenen führen sollten, ohne eine begründung zurückgerufen.
Und dann am 19. Dezember...
als führe er einen Krieg, hat er eine Operation gegen 20 verschiedene Gefängnisse mit tausenden Sicherheitskräften durchgeführt.
28 Gefangene und 2 Soldaten verloren ihr Leben. 6 Frauen wurden in der Gemeinschaftszelle C-1 von Bayrampasa BEI LEBENDIGEM LEIB VERBRANNT. Die Identität der verkohlten Leichen konnte nur noch anhand von DNA-Tests festgestellt werden.
Eine weitere blutige Schande ging am 19. Dezember in die Geschichte damit ein, dass Verlegungen in F-Typ Gefängnisse von Edirne, Sincan und Kandira stattfanden, die sich noch im Bau befanden.

B. F-TYP GEFÄNGNISSE

B.1. ARCHITEKTONISCHE STRUKTUR

6 F-Typen, die momentan in Betrieb sind, und 3 F-Typen, die kurz vor ihrer Fertigstellung stehen, entsprechen dem selben Modell. Alle F-Typen sind weit außerhalb von Stadtzentren und Siedlungsgebieten erbaut worden. Die Entfernung und die Schwierigkeiten, die die Verkehrsverbindungen darstellen, sind Bestandteile der Isolationspolitik. Das F-Typ Gefängnis von Edirne befindet sich auf der Straße Richtung Sarayakpinar Dorf in 10 km Entfernung zum Stadtzentrum; das F-Typ Gefängnis von Tekirdag befindet sich auf der Route Tekirdag - Muratli in 10 km Entfernung zum Stadtzentrum; das F-Typ Gefängnis von Kocaeli/ Kandira befindet sich auf der Straße nach Kandira in 15 km Entfernung zum Stadtzentrum; das F-Typ Gefängnis von Sincan befindet sich in 25 km Entfernung zum Stadtzentrum, wo es überhaupt keine siedlungen gibt; das F-Typ Gefängnis von Izmir befindet sich auf der Straße Richtung Kiriklar/ Kaynaklar Dorf an einem Ort in 20 km Entfernung nach Izmir. Öffentliche verkehrsmittel gibt es entweder gar nicht, oder nur begrenzt.
Während das F-Typ Gefängnis Kandira/ Kocaeli Nr. 1 auf einer Fläche von 70 Hektar erbaut wurde, enthält es nur 17.000 m² "Nutzfläche". Obwohl die Zuteilung einer größeren Fläche möglich gewesen wäre, wurde die "Nutzfläche" aus Isolationsgründen sehr knapp gehalten. Das Auffassungsvermögen des F-Typ Gefängnisses von Kocaeli beträgt 373 Personen. Es besteht aus 103 Dreierzellen und 64 Einzelzellen.
Die Dreierzellen bestehen aus zwei Etagen; auf einer Fläche von 25 m² befindet sich in der unteren Etage Toilette - Bad, in der oberen Etage befindet sich ein Stahlschrank und drei Betten, die am Boden befestigt sind. Die obere etage enthält zwei Fenster mit Blick zum Hof und ein Heizkörper, welcher für die Fläche unzureichend ist. Die Zellentür besteht aus Stahl und besitzt eine Überwachungsöffnung in Kopfhöhe. Im unteren Drittel dieser Tür befindet sich eine Öffnung für das Entgegennehmen des Essens. Physisch gesehen ist es nicht möglich, das Essen zu empfangen, ohne sich "bücken" zu müssen. Zum Hof führt eine Tür, die sich in der unteren Etage befindet. Der Hof ist 30 m² groß und umgeben von einer 8 m hohen Betonmauer. Die Korridore, auf denen sich die Dreierzellen befinden, enthalten jeweils drei solcher Dreierzellen. Die Korridore führen zum Hauptkorridor. Aus einer Etage und 8 m² Nutzfläche bestehend sind die Einzelzellen. Sie verfügen über eine 1,5 m² große Fläche für die Toilette, die gleichzeitig als Bad dient. Die Enge der Fläche von 8 m² und die Installationen der Möbel führen dazu, dass der Toilettenstein gleichzeitig als Bad genutzt werden muss. Neben einem fenster zum Hof enthält die Tür zum Hof ein Schließsystem, welches sich auf der Außenseite der Tür befindet. Der Hof ist 26 m² groß und ebenfalls von einer 8 m hohen Betonmauer umgeben. Im Stockwerk über den Einzelzellen befinden sich Werkstätten, die, wenn sie in Betrieb sind, durch ihren Lärm zur Folter für die Insassen der Einzelzellen werden.
Ein bestimmter Teil der Einzelzellen führt zum Hof für eine Person, ein kleiner Teil der Einzelzellen führt zum Hof für drei Personen.
Neben der gemeinsam genutzten Fläche in den Werkstätten gibt es außer einer Bibliothek und einem Sportraum keinen Ort, der gemeinschaftlich genutzt werden kann. Dann enthalten noch alle F-Typen jeweils zwei Spezialzellen, die über keine fenster verfügen, außer der Zellentür keine weitere Tür besitzen, der Boden und die Wände gepolstert und unmöbiliert sind.
Die Gefängnisse sind in A, B1, B2 und C, also in vier Blocks aufgeteilt, von denen jeder Block zwei Besuchskabinen für die Anwälte enthält. Für 373 Gefangene bedeutet dies 8 Besuchskabinen für die Anwälte. Durch einen Betonblock in der Mitte des Raumes sind die Besuchskabinen voneinander getrennt. Sie verfügen über unterschiedlich große Flächen, die zwischen 4 und 10 m² variieren. Geneu hinter dem Bereich, in dem sich der Anwalt befindet, ist ein Glasfenster angebracht, wodurch ein Sicherheitsbeamter das Treffen während der gesamten Besuchszeit mitverfolgt. Dadurch, dass in den Besuchskabinen der Anwälte keine Schalldämmung vorhanden ist, können alle Gespräche innerhalb oder außerhalb problemlos gegenseitig verstanden werden.
An zwei verschiedenen Orten befinden sich jeweils 6, also insgesamt 12 geschlossene Besuchskabinen für die Angehörigen. Jede Besuchskabine ist in der Mitte mit Eisengitter und einer dicken, schalldichten Glasscheibe versehen, welche gewährleistet, dass die Angehörigen nur den Oberkörper der gegenüber Sitzenden sehen können. Die Kommunikation erfolgt über Telefonapparate. Während der gesamten Besuchszeit werden die Gespräche von Sicherheitsbeamten abgehört, wobei ganz willkürlich und ohne jegliche Begründung die Telefonverbindung unterbrochen werden kann.

B.2. DIE RECHTLICHE LAGE DER GEFANGENEN IN DEN F-TYP ZELLEN

Die rechtliche Grundlage dafür, dass Gefangene in Zellengefängnissen einsitzen, bildet Artikel 16 des Gesetzes Nr. 3713, wo im Rahmen der Staatssicherheitsgerichte (politische Prozesse, Rauschgift- und Bandenprozesse) den Verurteilten und Verhafteten die Beteiligung am organisierten Verbrechen vorgeworfen wird. Die F-Typen sind nicht nur das Problem von politischen Gefangenen.
Dass Staatssicherheitsgerichte spezielle und außerordentliche Gerichte sind, ist eine unumstößliche Tatsache. Die Verfahrensgesetze der Strafverhandlungen, die als demokratisch klassifiziert werden können, werden nicht in die Praxis umgesetzt. Urteile werden mit Beweisen gefällt, die auf illegale Weise erlangt wurden und es werden Strafen verhängt, die nicht als gerecht bzeichnet werden können.
Während Sozialisten und Revolutionäre normalerweise die Personen sind, die vor die Staatssicherheitsgerichte geladen werden, wird( je nach wirtschaftlicher Lage) Menschen aus anderen gesellschaftlichen Schichten der Prozess gemacht, nachdem sie zu diesen Gerichten geladen wurden. Die Staatssicherheitsgerichte mit ihren politischen, organisatorischen und öffentlichen Ämtern bilden mit dem Institut für gerichtsmedizin und den Kassationsgerichten ein System, das die Entscheidungen darüber, wer zu welcher Zeit seine Gewalt zu spüren bekommt, nicht juristisch, sondern politisch fällt.

B.3. ES GIBT KEINE GESETZE UND STATUTEN BEZÜGLICH DER VERWALTUNG DER F-TYPEN

Unser Wissen über die rechtlichen Aspekte bezüglich der F-Typen beschränkt sich auf Artikel 16 des Gesetzes Nr. 3713. Bezüglich ihrer Verwaltung und Praxis liegen keine veröffentlichten oder der Öffentlichkeit präsentierten Gesetze und Statuten vor. Soweit wie wir in Erfahrung bringen konnten, existiert ein "Masterplan", das die Disziplin, das Lesen von Briefen, die Bibliothekskomissionen und die exekutiven Entscheidungen festlegt. Die Praxis erfolgt nach diesem "Masterplan". Obwohl wir diesen"Masterplan" beantragt haben, wurde er ständig von der Staatsanwaltschaft, vom Richteramt und vom Ministerium abgelehnt. Bis heute hat niemand, außer Staatsbeamten - einige Staatsanwälte haben sogar mündlich erklärt, dass sie ihn selbst noch nicht gesehen hätten - diesen "Masterplan gesehen.
Die Verwaltung der F-Typen basiert auf reiner Willkür.

B.4. DIE AUFHEBUNG DES UNTERSCHIEDS ZWISCHEN VERHAFTETEN UND VERURTEILTEN GEFANGENEN

Einer der universellen Prinzipien des Gesetzes ist jener, dass niemand als schuldig betrachtet werden darf, solange die Schuld nicht gerichtlich ausgesprochen ist. Jedoch haben die F-Typen und Artikel 16 des Gesetzes Nr. 3713 diesen Unterschied aufgehoben. Verurteilte sowie noch nicht verurteilte Gefangene werden in Zellen untergebracht. Die Zellenhaftstrafe, die zu unserem Strafgesetz gehört und ein Teil des richterlichen Urteils ist, wird bereits während der Untersuchungshaft praktiziert. Die Vollstreckung der zellenhaftstrafe (sei es durch richterliches Urteil oder als Disziplinarstrafe) unterliegt in den F-Typen keinen Bestimmungen, weil sich die Verhafteten sowieso in Zellen befinden.

C. FOLTER UND DIE BERAUBUNGEN DER RECHTE UND FREIHEITEN DER GEFANGENEN IN DEN F-TYP GEFÄNGNISSEN

C.1. ISOLATIONSHAFT

"Der Mensch braucht den Menschen"
Die Isolationshaft wird angewendet, um den Menschen von anderen Menschen zu verfremden und somit von sich selbst zu verfremden. Schutzlosigkeit, Einsamkeit, physische und psychische Probleme dienen dazu, den Willen des Menschen zu brechen und ihn von seinen Auffassungen abzubringen. Die Isolationshaft dient zur Vernichtung der Meinung. Der Mensch soll von seinen Gedanken, Zielen, von Meinung und Lebensfreude getrennt werden. Mit der Schaffung von physischen und psychischen Problemen ist die Vernichtung beabsichtigt.
Isolationshaft ist eine Vernichtungspolitik.

C.1.1. DIE ISOLATION BEGINNT MIT DEN ERRICHTUNGSGEBIETEN DER GEFÄNGNISSE

Wie wir oben schon detailierter vermerkt haben, wurden F-Typ Gefängnisse weit außerhalb von besiedelten Gebieten positioniert. Die F-Typen sind für die geräusche der Natur und den Lärm der Städte unzugänglich. Sie wurden auf diese Weise errichtet, um den Menschen vom Leben zu reißen. Vorwände wie "hohe Sicherheit" sind ein Vorhang, um den eigentlichen Zweck zu verheimlichen. Wenn wir uns selbst die Frage stellen, ob Gefängnisse, die solch hohen Sicherheitsvorkehrungen unterliegen, sicherer sind, wenn sie in der Nähe von Städten liegen und näher zu erreichen sind, oder ob sie sicherer sind, wenn sie weit außerhalb liegen, können wir die Politik, die hinter der Isolation steckt, besser verstehen.
Das Ziel ist es, die Gefangenen von Geräuschen, Gerüchen, Stimmen, usw. also von allem was das Leben ausmacht, zu entreißen. Das Ziel ist es, die Angehörigen daran zu hindern, sich ihrer inhaftierten Verwandten anzunehmen und zu versuchen, die Isolation, wenn auch nur ein kleines bisschen zu lindern. Das Ziel ist es, den Anwälten die Verteidigung zu erschweren. Das Ziel ist es, die Gefangenen, ihre Angehörigen und ihre Anwälte in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bringen.

C.1.2. ISOLATIONSHAFT ZIELT DARAUF AB, DIE PERSÖNLICHKEIT DER GEFANGENEN ZU VERNICHTEN

Ein Mensch alleine auf einer Fläche von 8 m²... Die Familie sieht er/ sie eine Stunde in der Woche - wenn sie überhaupt in der Lage ist, zu erscheinen -, falls der/ die Anwalt/in erscheint, eine halbe Stunde im Monat.
Der Mensch braucht den Menschen. Monatelange Einsamkeit und jahrelange Gefangenschaft in der Zelle werden den Menschen physisch sowie psychisch zerstören. Die Bemühungen des Menschen, für seine Ideale und Ziele, für sein Dasein zu leben, werden unterbunden. Die Persönlichkeit wird zerstört und stattdessen wird versucht, es durch eine Persönlichkeit zu ersetzen, welche nicht selbstständig denkt, nicht hinterfragt, nicht kritisiert, keine Einwenden hat und nicht sein/ ihr Recht sucht; es wird darauf abgezielt, Persönlichkeiten zu schaffen, die "bedingungslos gehorchen".
Nachdem wir nun 1000 Tage hinter uns gelassen haben, sind die psychologischen Auswirkungen und die Zerstörungen durch Isolationshaft sehr deutlich zu erkennen. Der inhaftierte Halil KOCYIGIT, der sich im F-Typ Gefängnis von Sincan befand, da er versucht habe, eine Organisation zu gründen, um Verbrechen zu begehen, hat sich in seiner Einzelzelle erhängt.
Volkan Agirman, der sich im F-Typ Gefängnis von Kocaeli befand, war ein politischer Gefangener, der der Ausweglosigkeit, in der er sich befand, nicht entkommen konnte. Er zog den Selbstmord vor und verlor sein Leben.
Der sich im F-Typ Gefängnis von Tekridag befindende Aziz Dogan hatte sich mit einem Betttuch erhängt, konnte aber von seinen Zellenmitbewohnern noch gerettet werden. Auch die beiden anderen hätten gerettet werden können. Nur die Isolationspolitik ist der Grund für deren Tod. Weil sie niemanden bei sich hatten, mit denen sie sich hätten unterhalten können, mit denen sie Schmerz und Freude hätten teilen können, die sie vielleicht um Rat hätten fragen können; weil sie alleine gewesen sind und keine Hände zur Stelle waren, die das Betttuch hätten lösen können, das sie sich um den Hals gebunden hatten, sind diese Menschen gstorben. Niemand kann sich der Verantwortung entziehen, indem die psychologischen Probleme der Gefangenen dafür herangezogen werden. Die alleinige Verantwortliche dafür ist die "ISOLATIONSHAFT" und diejenigen, die die Isolationspolitik praktizieren.

C.1.3. DIE ISOLATIONSHAFT WIRD DURCH EINSCHRÄNKUNGEN BEI ANGEHÖRIGENBESUCHEN ANGEWENDET

Viele Verwandte, die vor Eröffnung der F-Typen zu den Besuchen zugelassen wurden, können heute ihre Angehörigen nicht mehr besuchen. Zu den Angehörigenbesuchen werden nur noch Mutter, Vater, Ehepartner, Kind und Geschwister der Eltern zugelassen. Anderen nahen Verwandten wird keine Besuchserlaubnis genehmigt. Den Gefangenen wird jeglichs Verhältnis zum Leben abgeschnitten.
Indem jene, die eine Besuchserlaubnis besitzen, ihre Verwandschaft mit einem Registrierungsschreiben, welches von den Behörden ausgestellt werden muss, beweisen und eine Erklärung vom Gemeindevorsteher beantragen müssen, wird versucht, den Besuch zu verhindern. Durch das ständige, wiederholte Fordern derselben Bescheinigungen - obwohl diese als Kopien der gefängnisleitung vorliegen - wird versucht, die Personen, die zum Besuch erscheinen möchten, davon abzubringen. Obwohl die Angehörigenbesuche als eine Stunde angegeben werden, kommt es tatsächlich zu nicht einmal einer halben Stunde. Prozeduren wie Durchsuchungen, Registrierung, Erlaubnis, usw. kürzen die tatsächliche Besuchszeit. Da die Gespräche am Telefon abgehört werden, sind die Besuche möglichen Eingriffen ausgesetzt. Aus unverständlichen Gründen können einige Wörter zur Beendigung des Gespräches führen. Wenn in Betracht gezogen wird, dass der/ die betreffende Gefangene politisch ist; wenn in Betracht gezogen wird, dass die betroffene Person über einen Verstand verfügt, welches produktiv und entwicklungsfreudig ist, dann gibt es nichts verständlicheres, als dass sich diese Person über politische themen unterhält. Jedoch werden Themen mit solchem Inhalt zum Vorwnd für die beendigung des Besuches.
Die Besuche können von den Gefangenen und von den Angehörigen nicht in der muttersprache geführt werden. Falls eine andere Sprache als türkisch gesprochen wird, kann der besuch beendet werden. Von Menschen, die seit ihrer Geburt keine andere Sprache gesprochen haben, einen Besuch dieser Art zu erwarten; es läßt sich nicht mit einer Individualität von Schuld und Strafe, nicht mit der Würde des Menschen vereinbaren.

C.1.4. ISOLATIONSPOLITIK UND DIE VERTEIDIGUNG

Die wirtscaftlichen- und sozialen Verhältnisse der Gefangenen wirken sich auf ihre verteidigung aus. Die Bemühungen einer begrenzten Zahl von Anwälten, die sich mit den Fällen von politischen Gefangenen beschäftigen, um einen Schritt im Kampf um Rechte und Freiheiten zu tun, stehen Unterbindungsversuchen gegenüber. Als Einschränkungen des Rechts auf Verteidigung dienen die Besuchszeit und -dauer, GBT Kontrollen(Visitationen), die Entfernungen zwischen den Gefängnissen und den Orten, wo die Verhandlungen stattfinden, wie Istanbul, Ankara und Izmir, und ähnliche Um- und Zustände. Da sich Gefangene in Isolationshaft befinden, können sie sich nicht auf ihre Akten konzentrieren, und ihre Rechte nicht wie angemessen verteidigen.

C.2. FOLTER, PRÜGEL

Wie wir schon erklärten, dient die Isolationshaft der Vernichtung. Um vernichten zu können, wird die Isolationshaft als Grundlage gebildet, um hinterher die Gefangenen durch Folter und Prügel auszulöschen.

C.2.1. VERGEWALTIGUNGEN IN DEN ZELLEN

In den ersten Tagen der Verlegungen in die F-Typen wurden Gefangene mit Schlagstöcken vergewaltigt. Die Isolationshaft liefert für diese Schande die materiellen Möglichkeiten. In einem Umfeld, wo die Gefangenen beisammen sein können, könnte von solchen Foltermethoden nicht einmal die Rede sein.

C.2.2. FOLTER UND PRÜGEL

Als sich Ali Ihsan KILIC als Verhafteter im F-Typ Gefängnis von Kocaeli befand, wurde er von den Sicherheitsbeamten angegriffen, weil er während der Zählung nicht aufgestanden war. Nach rauher Prügel wurde er an seinen Füßen hochgehoben und sein Kopf wurde einige Mal auf den Betonboden geschlagen. Das Resultat: Eine Schädelfraktur und bleibender Gedächtnidverlust.
Während die Folterer ihre Folter in den Zellen ungesehen praktizieren, schweigen Staat und Gericht demgegenüber. Die Verlegungen in die Gerichtsmedizin und in die Krankenhäuser finden erst statt, nachdem die Spuren verheilt sind. Somit werden die Folterer geschützt und kommen ungestraft davon.

C.3. INFORMATIONSFREIHEIT

Die Isolation als Hauptzweck wird angewendet, günstige Umstände zu erschaffen, um die menschen daran zu hindern, Gebrauch von ihren Rechten und Freiheiten zu machen.

C.3.1. KOMMUNIKATION UNTER DEN GEFANGENEN

Die Kommunikation unter den Gefangenen wird absolut unterbunden und gewaltsam bestraft. Zum Besuch von Angehörigen verlassen drei Insassen einer Zelle gemeinsam die Zelle. Somit werden die Gefangenen dazu gezwungen, jahrelang mit denselben Menschen zusammenzuleben. Es gibt keine Definition für den Hass und die Feindseeligkeit, die es jemanden untersagt, ein anderes Gesicht, einen anderen Menschen zu sehen zu bekommen.
Während Gefangene den Korridor entlang zu Angehörigen- und Anwaltsbesuchen gehen, drücken die Sicherheitsbeamten die Köpfe der zum Besuch gehenden Gefangenen runter, um zu verhindern, damit sie durch die Öffnung der Zellentüren keine anderen Gefangenen sehen können. Jeder Blick, jedes Ansprechen von anderen Gefangenen führt zu Prügel und dazu, dass der Besuch gestrichen wird.
Wenn die gefangenen vom Hof aus miteinander kommunizieren, greifen die Beamten ein und sperren sie wieder in die Zellen, was die Beraubung des Rechts auf Hofgang bedeutet. Briefe sind die einzigen Kommunikationsmittel. Die Briefe werden, wenn die Lese-Kommission es für angebracht hält, über das Postamt zur Nachbarzelle weitergeleitet. Das bedeutet, dass der Empfänger den Brief in 10 bis 15 Tagen erhält. Es ist ein Prozess, der dazu dient, die Kommunikation zu verhindern.

C.4.1. KOMMUNIKATION PER BRIEF

Der einzige Weg für die Gefangenen, mit ihren Angehörigen oder Freunden zu kommunizieren, ist die Briefpost. Dieser Weg ist aber einem Verbotsmechanismus unterworfen. Verbotene Wörter, deren Zahl, die der nicht Verbotenen erreicht, werden willkürlich je nach Interpretation der Verwaltung durchgestrichen und vernichtet.
Als Begründung für die Vernichtung der Briefe dienen die Schriften, die sich auf den Tagesablauf und das Leben der Gefangenen, auf politische und soziale Entwicklungen beziehen.
Sogar Fotos, die Lebenspartner und Freunde sich gegenseitig zuschicken, werden nicht ausgehändigt, mit der begründung, es seien Propagandamittel.
So klar der 144. Artikel des CMUk Gesetzes ist, welches besagt "der Schriftverkehr zwischen dem Verteidiger und dem Angeklagten darf keinen Kontrollen unterzogen werden", so klar ist auch, dass diese Regel von der Verwaltung willkürlich verletzt wird. Die verschickten Briefe erreichen nicht ihre Empfänger und Briefe kommen nicht an, obwohl sie per Einschreiben oder per Rückschein versendet wurden, oder sie gehen verloren. Es ist so, dass in einem F-Typ Gefängnis Briefe durch die Lese-Kommission durch schwärzen unkenntlich gemacht werden, während ein anderes F-Typ Gefängnis die eingehenden Briefe als bedenklich und gefährlich erachtet und sie den Gefangenen nicht aushändigt und vernichtet.
Der Umstand, dass Briefe per Einschreiben oder per Rückschein geschickt werden, um die Ankunft des Briefes zu garantieren, stellt für die Gefangenen und ihre Angehörigen draußen eine zusätzliche ökonomische Schwierigkeit dar.

C.5. VERLETZUNGEN DER PRESSE- UND INFORMATIONSFREIHEIT

C.5.1. PRESSEZENSUR IM HÖCHSTEN GRADE

Die Veröffentlichung der Briefe der Gefangenen in der Presse und in den Zeitschriften werden verhindert und die Vollzugsgerichte legitimisieren dieses Unrecht. Sollten Gefangene ihre Artikel an Zeitungen oder Zeitschriften schicken, damit sie veröffentlicht werden, so gelangen sogar ihre gedichte und erzählungen wegen der goldenen Schere der Brief-Lese-Kommission entweder in einer unverständlichen Form nach draußen oder sie gelangen gar nicht nach draußen.

C.5.2. ZEITUNGEN WERDEN ZENSIERT, INDEM TEILE AUSGESCHNITTEN WERDEN, ODER INDEM TEILE GESCHWÄRZT WERDEN, UM SIE UNKENNTLICH ZU MACHEN

Einige Zeitungen und Zeitschriften werden, obwohl es kein Konfiskationsbeschluß und kein Veröffentlichungsverbot in den F-Typen gibt, nicht angenommen oder von vornherein abgelehnt, da sie als bedenklich betrachtet werden.
Die Gefängnisverwaltung eignet sich der Aufgaben und Befugnisse der Staatsanwaltschaft an, indem sie den gefangenen Zeitungen und Zeitschriften nicht aushändigt, mit der Begründung, sie seien Bestandteile des Verbrechens.
Die meisten der angeforderten Zeitungen und Zeitschriften werden mit den unglaubwürdigen Begründungen wie "sie werden nicht verkauft!" nicht ausgehändigt. 7 Monate lang gelangten die Zeitungen Evrensel, Bakis und Yeni Safak nicht in das F-Typ Gefängnis von Sincan, obwohl sie während dieser Zeit im ganzen Land verkauft wurden.
Einige Zeitungsartikel werden zensiert, indem sie durch schwärzen unkenntlich gemacht oder ausgeschnitten werden. Es wird versucht, die Gefangenen einer "Klatsch und Tratsch"-Kultur auszusetzen, damit sie sich durch solche Art von Publikationen derer moralischen Entfremdung aneignen.

C.5.3. BÜCHER SIND VERBOTEN!

Eine menge Bücher, die von der Gefängnisleitung und von richterlichen Organen kontrolliert wurden, werden den gefangenen nicht ausgehändigt, da sie als bedenklich betrachtet werden. In diese Kategorie fallen Bücher, die die Kontrolleure nicht verstehen (können). Während philosophische, politische und theoretische Bücher bis heute nicht in die F-Typ Gefängnisse gelangten, sind sie in den Bibliotheken der Schulen und der großen türkischen Nationalversammlung TBMM zu finden. Der Zweck ist die Vernichtung der Gedanken, die Vernichtung des denkenden Menschen.
Wir sehen uns in den F-Typen mit einer Praxis konfrontiert, die wir bis heute in der Gefängnisgeschichte nicht erlebt haben. Es gibt eine 3-Bücher Begrenzung. Ein Gefangener darf nicht mehr als 3 Bücher oder Zeitschriften bei sich haben. Inbegriffen sind Notizhefte und juristische Bücher. In den F-Typ Gefängnissen ist es verboten, Untersuchungen anzustellen, die Welt wahrzunehmen und zu lernen.

C.6. IN DEN F-TYP GEFÄNGNISSEN SIND DAS LEISTEN VON HILFE UND SOLIDARITÄT VERBOTEN

Die Gefängnisverwaltung läßt keinen Weg unversucht, das Ziel der Isolationshaft, welches die Zerstörung der Hilfe- und Solidaritätskultur ist, durchzusetzen.
Es ist den Gefangenen absolut untersagt, sich gegenseitig Hilfe in Form von Büchern, Geld, Kleidung, usw. zu leisten. Neben Hilfe und Solidarität ist es sogar verboten, ihre Bücher aus ökonomischen oder anderen Gründen einzutauschen oder einzuwechseln.
Darüber hinaus ist es verboten, einem/r Bekannten oder Verwandten, der/die sich im selben Gefängnis befindet, Geld zu schicken oder zu leihen, weil diese Person kein Geld hat. In den Zellen ist die gemeinschaftliche Hilfe, die der wertvollste Bestandteil der Volkskultur ist, absolut untersagt. Gefangene in ihrer Nachbarzelle können sich vielleicht keine Medikamente, vielleicht sogar kein Wasser leisten, aber sie dürfen ihnen nicht einmal ein Glas Wasser schicken. Nehmen wir an, sie werfen jemandem etwas vom Hof aus zu, dann müssen sie ein Besuchsverbot von mindestens einem Monat in Kauf nehmen.

C.7. DURCHSUCHUNGEN SIND VORWÄNDE, DAS ZIEL IST FOLTER

Mit Durchsuchungen, die keinen Zweck und keine bestimmte Periode haben, wird Folter bezweckt. Die Gefängnisverwaltung, die weiß, dass die Gefangenen in der späten Nacht Operationen ausgesetzt werden, nutzt die plötzlichen Durchsuchungen dazu, sie in Angst zu versetzen und die Angst zu steigern. Unter dem Vorwand der Durchsuchung werden Sachen durcheinander gebracht und geplündert, Briefe und Buchnotizen werden beschlagnahmt. Sobald man sich in geringster Weise dagegenstellt, wird man mit Prügel und Disziplinarbestrafungen bestraft.

C.8. DAS KANTINEN- UND EINKAUFSPROBLEM

In den F-Typ Gefängnissen wird den Gefangenen kein Bargeld ausgehändigt. Die Ausgaben werden von ihrem Konto abgerechnet. Den Gefangenen, die deshalb ihr Guthaben ständig nachrechnen müssen, wird das Geld nach Belieben der Verwaltung gekürzt: Stromgeld, Geld für Medikamente, usw. Die Kantine sorgt nicht für die Deckung des Bedarfs, sondern für die Deckung ihres Profits. Die Produkte in der Kantine werden zu höheren Preisen als zum Marktpreis verkauft, es wird Wucher betrieben.
Der Einkauf findet nur einmal in der Woche statt. Da Kühlschränke in den Zellen verboten sind, werden die eingekauften Nahrungsmittel schlecht.
Die Produkte und die Sorten sind in der Kantine sehr begrenzt. Speziell werden Schreibwarenbedarf wir Kleber, Kohlepapier und Durchschlagspapier nicht verkauft. Es ist nicht möglich, Waren zu erhalten, die die Kantine nicht anbietet. Gefangene, die eine spezielle Diät benötigen, können keine Nahrungsmittel erhalten, die ihrer Diät entsprechen. Dies führt zu ernsthaften gesundheitlichen Problemen. Ufuk KESKIN, der sich im F-Typ Gefängnis von Edirne befindet und an Typ II Diabetes leidet, wurde ins Krankenhaus eingeliefert, da er seine Diät-Nahrungsmittel nicht erhalten konnte. 1,5 Jahre später wurde er nach Bemühungen seiner Familie in das Spezialgefängnis von Bayrampasa verlegt.
Die TV- und Radiogeräte, die die Verwaltung verkauft, sind von schlechter Qualität und schwer zu handhaben. Gefangenen, die freigelassen werden, wird der Weiterverkauf oder das Zurücklassen dieser Geräte verboten. Auf diese Weise wird bezweckt, allen Gefangenen ökonomischen Schaden zuzufügen.

C.9. STROMGELD FÜR DIE ZELLEN

In jeder Zelle befinden sich Stromzähler. Mit den F-Typ Gefängnissen traten, ausgenommen der Beleuchtungslampe, gebührenpflichtige Steckdosen und Lampen in unsere Leben. Indem ignoriert wird, dass die Person sich nicht freiwillig im Gefängnis befindet, wird mit der Stromrechnung die ökonomische und psychologische Zerstörung der Gefangenen beabsichtigt.

C.10. DURCHSUCHUNGEN VON KLEIDUNG UND SCHUHEN

Die Kleidung und Schuhe der Gefangenen werden bei jedem Verlassen der Zelle, aus welchem Grund auch immer, an verschiedenen Orten durchsucht.
Die Durchsuchungen bezwecken eher Belästigung als Sicherheit oder Kontrolle. Die Durchsuchungen, die sogar auf dem Weg zu Anwaltsbesuchen oder auf dem Weg zur Krankenstube stattfinden, sollen die Gefangenen physisch und psychisch lösen, gefangennehmen und von ihren Gedanken abbringen. Es gibt keine humanen Begründungen für die Schuh-, Socken-, Mund- und sogar Gesäßdurchsuchungen.

C.11. DIE PRAXIS, GEFANGENE AUSSERHALB DER ZELLEN AN DEN ARMEN FESTZUHALTEN

Gefangene, die sich in den Hochsicherheitsgefängnissen befinden, wo alle Gefangenen isoliert werden und unter Verschluß stehen, werden von jeweils zwei Wärtern, die die Arme des Gefangenen festhalten, zu den Krankenstuben, Besuchskabinen und zu den Verhandlungen geführt. Dies kann keine Sicherheitsgründe haben. Dies wird praktiziert, um bei den Gefangenen Schuldgefühle zu erzeugen und ihre Würde zu brechen, was dazu führt, dass viele Gefangene keinen Gebrauch von ihren Rechten machen können.

C.12. EINSCHRÄNKUNGEN BEI DER KLEIDUNG UND BEI FARBEN

Kleidungsstücke sind auf Hosen, Pullover, T-Shirts, Schuhe und Sportbekleidung beschränkt, wovon jeweils nur 2 bis 3 Stück von jeder Sorte besessen werden darf. Das Benutzen und Weitergeben von Kleidungsstücken wie Halstüchern, Baskenmützen oder Handschuhen an andere Gefangene ist untersagt. Solche Kleidungsstücke können nur von der Familie übergeben werden. Sollten diese per Post geschickt, vom Anwalt oder von anderen Personen mitgebracht werden, so werden diese nicht akzeptiert.
Nicht alle Kleidungsstücke, die sie mitbringen, werden akzeptiert. Schwarze, purpurne und rote Kleidungsstücke werden den Gefangenen nicht übergeben. Ihr Kleidungsgeschmack wird sogar eingeschränkt. Der einzige Zweck ist es hierbei, die Gefangenen von ihren Gedanken und ihrer Persönlichkeit zu lösen. Socken, Unterwäsche und Handtücher können nicht von draußen mitgebracht werden. Sie müssen in der Kantine gekauft werden. Die angebotenen Produkte in der Kantine sind von schlechter Qualität und teuer. Es wird sehr deutlich, dass die Verwaltung den wirtschaftlichen Zusammenbruch und die moralische Verwüstung bezweckt, indem sie die Kleidungsstücke, die veraltet sind, nicht eintauschen möchte.

C.13. DIE PFLICHT, ANTRÄGE STELLEN ZU MÜSSEN

Es wurde die Pflicht eingeführt, Anträge stellen zu müssen, wenn man Zigaretten kaufen, Briefe verschicken oder vom Arzt in der Krankenstube untersucht werden möchte. Es reicht auch nicht aus, einen Antrag zu stellen, sie müssen unter ihren Antrag ihre "Hochachtung" kundtun. Dies hat nichts mit Höflichkeit zu tun, es ist ein Ausdruck von Gehorsam und Reue, die erwartet wird. Ein weiteres Problem ist es, eine Antwort auf den Antrag zu erhalten. Während die Verwaltung den gefangenen diese Form von Bürokratie aufzwingt, registriert sie selbst nicht die eingegangenen Anträge. Somit wird es dem/der Gefangenen unmöglich gemacht, den Antrag und dessen Inhalt nachzuweisen zu können. Sogar Anträge und Anzeigen, die an die Verwaltung, Staatsanwaltschaft oder an das Ministerium gerichtet sind, werden kontrolliert und falls sie als bedenklich betrachtet werden, vernichtet. Die Freiheit, nach dem Recht zu streben, wird auf diese Weise eingeschränkt und die Fortsetzung der willkürlichen Anwendungen dient dazu, den Widerstand zu verhindern.

C.14. DAS WASSER- UND HYGIENEPROBLEM

Die F-Typ Gefängnisse, die außerhalb der Städte errichtet wurden, beziehen Brunnenwasser, da sie nicht an die städtischen Wasserwerke gebunden sind. Das Brunnenwasser ist nicht ausreichend und die Gesundheit des Wassers ist bedenklich. Bei vielen Gefangenen in den F-Typ Gefängnissen von Tekirdag und von Sincan traten Wunden im Mund und Reizungen am Körper auf. Weil das Brunnenwasser nicht sauber ist, wird es nicht getrunken. Die Gefangenen sind gezwungen, ihr Wasser in der Kantine zu kaufen. Der Wasserbedarf für die Hygiene wird nicht gedeckt. Im F-Typ Gefängnis von Tekirdag wird der Wasserbedarf eine halbe Stunde in der Woche gedeckt, damit sich die Gefangenen waschen können. Ansonsten müssen die Gefangenen sich mit dem Wasser waschen, das sie zu hohen Preisen in der Kantine bekommen.

D. RECHTSVERSTÖSSE GEGEN FAMILIENANGEHÖRIGE

D.1. EINSCHRÄNKUNGEN BEI FAMILIENBESUCHEN

Jede/r Gefangene in den F-Typ Gefängnissen hat das Recht auf eine Stunde Besuchszeit in der Woche für die Familie. Diese kann außer der dafür vorgeschriebenen Zeit nicht genutzt werden. Das heißt, dass eine kurze Verspätung ausreicht, um das dafür ausgegebene Geld und die Mühe verpuffen zu lassen. Familien werden dazu gezwungen, ihr ganzes Leben auf diese eine Stunde einstellen zu müssen, Wenn sie etwas zu tun haben, was sie nicht aufschieben können, können sie die besuchszeit nicht in Anspruch nehmen. Es muß, wie in anderen Gefängnissen auch, ermöglicht werden, dass das Besuchsrecht an bestimmten Tagen zu jeder Uhrzeit möglich sein kann.
Auch die eine Stunde kann nicht voll genutzt werden. Anmeldung, Unterschrift, das Lesen der digitalen Karte, Durchsuchung und die Zeit die der/die Gefangene benötigt, um zu erscheinen, ist in dieser einen Stunde enthalten. Wenn diese Zeit davon abgezogen wird, bleiben 20 - 30 Minuten Besuchszeit übrig."


befreit die gefangenen.
für die anarchie - freiheit und glück!


ABC BERLIN
25.08.2003