syndikalistische initiative
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Es ist relativ ruhig geworden um Dipl.-Soz. Dr. phil. Bernd Rabehl. Nahezu unbehelligt ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität in Berlin beim Forschungsverbund SED Staat tätig. Er hält Seminare und palavert auch mal außerhalb der Uni in Vorträgen über Preußen oder Paul Lafargue und das Recht auf Faulheit. Seine Danubia-Rede ist mittlerweile in Vergessenheit geraten - ohne, daß er sich jemals davon distanziert hätte. Genauso wie seine sonstigen rechtsextremen Äußerungen ("Ausländer haben keine Werte."; Leugnung, daß es im KZ Sachsenhausen zu Massenvernichtungen kam).
Die Danubia-Rede
Im Rahmen der Bogenhauser Gespräche hielt Bernd Rabehl am Wochenende des 5. Und 6. Dezembers 1998 eine Rede mit dem Titel "Nationalrevolutionäres Denken im antiautioritärem Lagerder radikaloppositon zwischen 1961/1980" vor der Burschenschaft Danubia. Die Rede erschien drei Wochen später in der rechtsradikalen Wochenzeitung Junge Freiheit - angeblich ohne sein Wissen. Die rechte Postille Wir selbst druckte den Text später auch nach.
In dieser Rede warnt Rabehl vor dem Zuzug "ausländischen Partisanenformationen", die ihre Bürgerkriege nach Deutschland importieren. Es handelt sich seiner Meinung nach um "hochorganisierte und gleichzeitig religiös oder politisch fundamentalistisch ausgerichtete Volksgruppen, die keinerlei Interesse haben, sich in den Gastländern zu integrieren oder sich ruhig zu verhalten." Diese Partisanenformationen stammen seiner Meinung nach aus "Nahost, Nordafrika, asiatischen Ländern, Türkei, dem ehemaligen Jugoslawien und Rußland." Im Klartext trifft diese Beschuldigung über 90% der Menschen, die nicht in Deutschland geboren sind - mittlerweile aber auf dem Territorium leben. Er sieht durch sie die "nationale Kultur" gefährdet und scheut sich auch nicht davor den Begriff "Überfremdung" in seine Rede einzubauen. "Der städtische Frieden wird überlagert durch die alltägliche Kriminalität und den Stadtkrieg der Bürger und Außenseiter." Er versuchte darüber hinaus den StudentInnenführer Rudi Dutschke für das "natinalrevolutionäre Lager" zu vereinnahmen. Allgemein spielt dieser Begriff, der durch den Nationalbolschewisten Ernst Niekisch geprägt wurde, eine bedeutende Rolle in seiner Rede. So verkündet er über den "Internationalismus" innerhalb der 60er Jahre: "Der Internationalismus trug die Farben der nationalen Empörung."
Die richtigen Töne für das Publikum. Später behauptete er noch, daß er diese Rede bereits im Sklavenaufstand (# 51, 52) unter dem Titel "Konstellation 1967/68: Zur Politikkonzeption des SDS" veröffentlicht hatte. Der dort veröffentlichte Artikel ist allerdings nicht identisch mit seiner Rede und beinhaltet keine, der oben angeführten Formulierungen oder sonst wie als rechtsradikal zu wertende Äußerungen.
Wer ist Danubia?
Die Münchener Burschenschaft Danubia wurde 1848 mit dem Leitspruch "Frei in Rede, kühn in Tat" gegründet.
Sie ist eine pflichtschlagende Burschenschaft, die zum rechtsextremen Rand innerhalb der
Burschenschaftsbewegung gezählt wird. Zu den Gastrednern der Burschenschaft gehörten u.a. der ehemalige RAF-Anwalt und heutige NPDler Horst Mahler, der Südtiroler Bombenleger Peter Kienesberger und der Vordenker der neuen Rechten Alain de Benoist. Aus den Reihen dieser Burschenschaft wurde 1986 der Hochschulbund der Republikaner gegründet und der Danube Uwe Sauermann war früher Vorstandsvorsitzender des Nationaldemokratischen Hochschulbundes (NHB), der Hochschulorganisation der NPD. Anfang des Jahres versteckte Danubia einen mit Haftbefehl gesuchten NPDler. Die Burschenschaft steht unter Beobachtung des bayrischen Verfassungsschutzes und ist auch, was Anzeigen angeht Stammkundin in der Jungen Freiheit und früher im NHB-Report, der Zeitschrift des NHBs.
Wer ist Rabehl?
Bernd Rabehl war Weggefährte von Rudi Dutschke und zählte damals bereits zum "nationalen Lager" innerhalb des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS). Günter Bartsch schreibt Rabehl eine führende Rolle innerhalb der aufkeimenden Kommune-Bewegung 1966 innerhalb des SDS zu. (vgl. Bartsch: Anarchismus in Deutschland, Band 2/3, S. 83). Mittlerweile hat Rabehl einen Professorentitel, hält Lehrveranstaltungen am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin und ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim 1992 entstandenen Forschungsverbund SED-Staat - ein eigenes Thema, was noch einiges an spannenden Dingen über die Grauzone zwischen konservativer und rechtsextremer Einstellung zu Tage fördern würde. Seine Tätigkeiten führten soweit, daß er 1999 im Verfassungsschutzbericht der Stadt Hamburg auftauchte wegen seiner Bedeutung für die rechte Szene.
Was waren die Folgen seiner Rede?
Die Rede versuchte einen Aufschrei bei den Studierenden. Mehrere studentische Gruppen schrieben einen Brief an den Direktor mit der Forderung Rabehl zu entlassen. Dies wurde abgelehnt. Darüber hinaus gab es Versuche seine Seminare zu behindern, ihn zu "torten" bis hin zu einer Erpressung seitens der "autonomen Spediteure, die zwei Büsten entführten, die sie drohten zu beschädigen (s. Interview in der taz vom 9.12.'99).
Ein Teil der Studierendenschaft distanzierte sich von den Aktionen. Alleine zur Tortenaktion existieren mindestens von drei Studierendengruppen Distanzierungsflugblätter. Die Distanzierung von Rabehl hingegen fiel recht mager auf diesen Flugblättern aus. Die JuSo-Hochschulgruppe rief gar zur Diskussion mit Rabehl auf, obwohl sie im gleichen Flugblatt seine Thesen als "indiskutabel" abtaten.
Ein Jahr nach der Rede wurde von mehreren studentischen Gruppe ein offener Brief an den FU-Präsidenten und den Institutsrat des OSI gerichtet mit der Aufforderung Rabehl vom Dienst zu suspendieren. Die Antwort dieser Stellen auf den offenen Brief wurde leider nie veröffentlicht, aber die Taten sprachen für sich. Es wurde nämlich nichts getan. Die gewerkschafts-nahe Hans-Böckler-Stiftung dachte sich dann auch besser spät als nie und trennte sich über ein Jahr nach der Danubia-Rede von Bernd Rabehl als Vertrauensdozenten.
Rabehl selber sieht sich als Opfer der Faschismuskeule. "Einige haben sich sogar eine jüdische Identitätangedichtet, um so richtig vom Leder ziehen zu können." (O-Ton Rabehl) Von Reue oder Distanzierung ist keine Spur. Im Gegenteil, er verteilte den leicht veränderten Text seiner Rede selbst in einem seiner Seminare! Der letzte Versuch war ein Brief von einer Gruppe kritischer Studierender an Partneruniversitäten mit der Aufforderung gegen die Lehrtätigkeit Rabehls zu protestieren. (www.fu-berlin.de/info/fub/partner.html)
Wie ist die derzeitige Situation?
Bernd Rabehl gibt immer noch (fast) ungestört seine Seminare. Zu Anfang jedes Semesters verweisen zwar die Leute von der Fachschaftsinitiative auf die Gesinnung des Dozenten und seine Seminare zeichnen sich durch gähnende Leere aus, dennoch ist er immer noch an der FU tätig. Sein letztes Buch "Feindblick - Der SDS im Fadenkreuz des "Kalten Krieges" wurde selbst in der "linken" Tageszeitung junge Welt rezensiert. Im "Kaffee Burger", einer linken Kneipe in Berlin-Mitte, durfte Rabehl im Rahmen einer Veranstaltung des Magazins Gegner (ex-Sklaven), die auch sein Buch rezensierten, unter dem Titel "Ist der Sozialismus tot?" auftreten. Rabehl ist damit ein gutes Beispiel wie rassistisches Gedankengut gesellschaftsfähig wird.
Weitere Infos zu Rabehl:
SI
(Syndikalistische Initiative)
Die SI trifft sich jeden Freitag ab 16h im A-Laden, Rathenowerstraße 22 (nahe U-Bahnhof Birkenstraße). Tel/Fax: 394 61 67 email: si@list.free.de
oder briefpost: c/o A-laden