Liebe RevolutionärInnen, manche von euch haben uns nach dem Mai-Termin-A-tor vorgeworfen, wir seien PazifistInnen, weil das gewalttätige Layout der Ausgabe nur ans Zynische grenzende Ironie gewesen sei und wir es ganz offensichtlich mit dem revolutionären bewaffneten Kampf nicht ernst meinten. Schon auf der zweiten Seite hätten wir uns enttarnt und unter der proletarischen Faust das verweichlichende Symbol des zerbrochenen Gewehrs abgedruckt und für eine pazifistische Veranstaltung geworben, die noch nicht mal richtig anarchistisch gewesen sei. Dem gegenüber sei alles andere nur hohle Phrase und leere Geste. - Leider müssen wir euch in diesem Punkt recht geben. Den bewaffneten Aufstand betrachten wir als allerletztes Mittel und sinnlose Gewaltanwendung verurteilen wir aufs Schärfste. Das Zitat von Bakunin etwa muß in seinem ganzen Zusammenhang gelesen werden, um richtig verstanden zu werden (s. Artikel in diesem Termin-A-tor). Auch das Konterkarieren der Hamburger Polizeianzeige zum Ersten Mai steht klar in diesem Kontext. Wie sagte schon der Ex-Genosse Mao [Er war bevor er auf seinen kommunistisch-stalinistischen Kurs umschwenkte eine Zeit lang Anhänger des kommunistischen Anarchismus – zumindest mit dem Mund.]: "Der Revolutionär muß im Volk schwimmen wie ein Fisch im Wasser." Und aalglatt sein. Niemand ins Netz gehen. Menschen fischen. Äh. Und so weiter. Natuerlich ist in Barcelona ein bißchen geschossen worden. Eben. Da sagen wir: wenn schon schiessen, dann richtig. Und auf die Richtigen. Da hätten manche verstorbene 19jährige noch was lernen können, hätten sie keine Lernblockade gehabt. Seht ihr, wenn dieser junge Mann nachts z.B. die Schule angesteckt hätte, wäre das nur ein gewisser Lachschaden gewesen (jetzt hingegen sind alle zu Tränen gerührt und die Polliticker schluchzen wahlwirksam mit) und eine Menge öffentlicher Reisegelder hätten gespart werden können. Aber nein. Kein Wunder wenn Mann schon im Polizei-Schießverein war. Schlechter Einfluß sagen wir da bloß! Diesmal gehts also auf die Wallstatt der Wahlen. Und da werden höchstens Pudel geschossen. Die revolutionäre Avantgarde Europas, die Fanzo(e)sInnen geben uns wieder einmal ein leuchtendes Beispiel: sie fördern die Latexindustrie und gehen mit rosa Gummihandschuhen zu ihren Präser-Wahlen. Wo normalerweise mit aufgehängt wird, das steckt auf der Nase: Wäscheklammern. In Germoney werden noch Ekel-Wetten abgeschlossen: Giscard d´Estaing oder Schröder, wer stinkt uns mehr? Blöder wäre es wenn Stoiber das Rennen macht und uns (schwarz)rote hinterher zu Weißwurst verarbeitslagern läßt! Ihr habt die Wahl! Die und keine andere. S il vous Pleite! Rotzfront! Das T.e@m P.S.: Wir sind immer noch auf Spenden für die Finanzierung vom Termin-A-tor angewiesen. Der Druck der Maiausgabe hat uns 110 Euro gekostet. Dem gegenüber sind nur 37,5 Euro durch Werbung und 12,5 Euro durch Spenden zurückgeflossen. Ihr könnt uns auch unterstützen, indem ihr am 15. Juni zu unserem Solikonzert ins Drugstore kommt und nach Kräften zecht. Die Lust der Zerstörung ... Der Satz "Die Lust der Zerstörung ist zugleich eine schaffende Lust!" stammt aus Bakunins (unter dem Pseudonym Jules Elysard) erschienenem Artikel "Die Reaction in Deutschland" aus dem Jahr 1842. Dieser Artikel entstand in der Übergangsphase von der (Hegelschen) Philosophie zur (revolutionären) Politik, wie ihn in diesen Jahren viele Junghegelianer vollzogen (u.a. Ruge, Marx, Bauer usw.). In diesem Text kreuzen sich also hegelianische und frühe revolutionäre Gedankengänge. Der zitierte Satz ist dafür ein gutes Beispiel: Bakunin knüpft darin an die Hegelsche Dialektik von These-Antithese-Synthese an, nach der nur der Kampf zwischen These und Antithese etwas Neues schaffe: die Synthese. Die Junghegelianer wendeten diese Dialektik zum Beispiel auf Gellschafts- veränderung an: Aus dem Kampf zwischen den Regierungen (These) und den Regierungskritikern (Antithese) entsteht eine revolutionäre Situation, aus der sich eine neue Gesellschaft entwickelt (Synthese) - es gelte also, die Kritik an den Regierungen zu verstärken, um zu einer neuen Gesellschaft zu kommen. Oder in Bakunins radikaleren Worten: Nur die Zerstörung der These schaffe eine neue Gesellschaftsform (Synthese). Das Ziel der Synthese (der neu zu schaffenden Gesellschaft) in Bakunins Statement wird heute häufig übersehen - viele starren ausschließlich auf das Wort "Zerstörung". Dies wird aber dem historischen Hintergrund, der Hegelschen Geschichtsphilosophie, nicht gerecht, nach der sich der konstruktive, neues schaffende Weltgeist nach dem Schema These-Antithese-Synthese vollzieht. In der Passage vor dem zitierten Satz war bei Bakunin gerade von diesem Hegelschen Weltgeist (und dessen konstruktiver Wirkung) die Rede, "der nur deßhalb zerstört und vernichtet, weil er der unergründliche und ewig schaffende Quell alles Lebens ist. -- Die Lust der Zerstörung ist zugleich eine schaffende Lust!" ("Die Reaction in Deutschland" ist zuletzt in deutscher Sprache 1984 bei Edition Nautilus in der Reihe "Kleine Bücherei für Hand und Kopf" erschienen.)